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Von Hermann lernen heißt verstehen lernen

„Verschwörungstheoretiker" ist eines der beliebtesten Schimpfwörter der Gegenwart. Will man eine nicht genehme Ansicht erledigen, ohne sich der Mühe zu unterziehen, sie argumentativ zu widerlegen, greift man zum „Verschwörungstheoretiker“. Da dieser Begriff in erster Linie bei der Deutung politischer Zusammenhänge zum Einsatz gelangt, kann man ihn getrost als politischen Kampfbegriff verstehen. Geschichtswissen ist wichtiger als man denkt Darüber hinaus zeugt die Verwendung dieses Begriffs allerdings in den meisten Fällen von einem nicht einmal rudimentär vorhandenen Geschichtswissen. Wer sich nur ein…

Ein wenig Rouge gefällig?

Was hier auf den ersten Blick ein wenig unhandlich bis grobschlächtig aussieht und ein Gesamtgewicht von gut 1.200 g auf unsere Küchenwaage bringt, erweist sich bei näherem Hinsehen und erst recht beim Austesten als ein zweiteiliges steinzeitliches Schminkset. Wir machten den Selbstversuch: Roteisenstein, auf quarzhaltigem Sandstein gerieben, ergibt ein feines rotes Pulver von fast puderartiger Konsistenz. Es diente schon in der Frühzeit des Menschen dazu, sanft gerötete Wangen und Lippen im Dienste der erotischen Verzauberung zu erzeugen. Natürlich hat es…

Zur Verhausschweinung des Menschen

Konrad Lorenz prägte einst das Wort von der Verhausschweinung des Menschen: Ursprünglich den Launen der Natur, regelmäßigen Hungersnöten und anderen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt, hat der Mensch es in Jahrtausenden geschafft, sich in eine zivilisatorische Komfortzone mit Supermarkt, Zentralheizung und einem Überangebot an Waren emporzuarbeiten. Dagegen ist nichts zu sagen. Außer dass der Komfortgewinn leider einen hohen Preis hat, den man nicht verschweigen darf.

Achatlandschaften (2)

Vor einiger Zeit war er noch nicht da, dieser dunkle Fleck. Dann, eines Tages, war er nicht mehr zu übersehen. Seither scheint er sich immer weiter auszudehnen. An den Rändern ist er unscharf, man sieht, wie er in die lichte freundliche Umgebung vordringt und sie auflöst. Geht es so weiter, wird der dunkle Fleck bald kein Fleck mehr sein, sondern das Gesamte verschluckt haben – das Vertraute, Verlässliche, Schöne, Liebens- und Lebenswerte. Der dunkle Fleck, das ist eine Krise, die…

Was heißt „Münsterländer Parklandschaft“?

„Münsterländer Parklandschaft“ ist ein Begriff, mit dem die regionale Tourismuswirtschaft seit jeher für Aufenthalte im Münsterland wirbt. Wer noch nie hier war, denkt bei „Parklandschaft“ vermutlich an ein weitläufiges, leicht hügeliges Gelände, aufgelockert durch Hecken, Sträucher, kleine Baumgruppen und hier da ein lieblich in die Landschaft eingebettetes Gewässer. Oder man denkt an die rund 100 Schlösser und Schlösschen, mit denen das Münsterland aufwarten kann und von denen ja ein jedes von einem mehr oder minder großen Park umgeben ist – verknüpft man diese in die Landschaft eingestreuten Parks miteinander, erhält man eben eine Parklandschaft. Beide Vorstellungen sind falsch, leider.

Achatlandschaften (1)

Die meisten Achate sind von Natur aus farblos oder grau. Doch mittels eines technischen Prozesses, bei dem Hitze, Säuren oder Beize sowie anorganische Farbstoffe eine Rolle spielen, lassen sich die schönsten Farbtöne in den Achat bringen (man macht dies übrigens schon seit über 300 Jahren). In Scheiben geschnitten, sind die bunten Achatscheiben beliebte Objekte für das Wohnzimmerregal, wo sie verstauben und ihren eigentlichen Zauber niemals offenbaren. Denn ihr Zauber wird erst durch Licht wachgerufen.

Nochmals der Fenchel

Ich hatte letzten Sommer hier den prachtvollen Fenchel am Rande der Sandgrube in den Bockholter Bergen erwähnt. Dieses Jahr ist die mehrjährige Pflanze leider nur noch eine Ruine. Irgendein degeneriertes Arschloch hat die Pflanze, bevor sie sich erneut zu voller Schönheit entfalten konnte, kurz und klein gehauen. Zur Erinnerung an die Pflanze hier nochmals das Bild vom letzten Jahr, rechts daneben eine gleichfalls erblühte Nachtkerze. Das aktuelle Bild des Jammers erspare ich euch. Mithilfe eines glimmenden Stängels vom Riesenfenchel brachte…

Vom Wandel eines kleinen Ostseehafens

Ich bin in Neustadt/Holstein aufgewachsen, in unmittelbarer Sichtweite des Hafens. So habe ich als Kind und als Heranwachsender in den 1960er und 1970er Jahren den beginnenden Wandel vom Wirtschaftshafen zum Freizeitareal mitbekommen, der bis heute anhält – eines Wandels, bei dem im wahrsten Sinn des Wortes kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Einen vorläufigen Höhepunkt findet dieser Prozess in der aktuellen Umgestaltung der Hafenwestseite.

Die schöpferische Kraft des Einfachen

Zwei Materialien in nur scheinbarem Kontrast: Baumberger Kalksandstein und Glas. Beides ist von Menschenhand bearbeitet. Während der Sandstein die Form, die man ihm gab, noch bewahrt, hat das Glas seine ursprüngliche Form – Flaschen, Gläser – längst verloren, zunächst zu Scherben zerbrochen, dann verschliffen durch Wasser und Sand. Es ist leicht vorstellbar, dass das Glas – schreitet der Erosionsprozess weiter voran – sich in ein Sediment verwandelt, aus dem in Jahrmillionen und vermengt mit kalkhaltigen Schalenresten abgestorbener Muscheln, Seeigel und…

Frisch geerntet: Anbruch #03

Anbruch - Magazin für Kultur & Künftiges - ist soeben mit seiner Ausgabe Nr. 3 erschienen. Wie schon in den beiden Vorgängerausgaben geht es darum, dem Geist einen Weg jenseits des Mainstreams zu bahnen. Dieses Heft führt nicht umsonst das Wort "Refugium" im Titel - auf über 100 Seiten werden unterschiedlichste Rückzusgorte des Geistes vorgestellt, die zugleich aber immer auch Ausgangspunkte für spannende Erkundungen sind. Nachdem in Heft Nr. 2 der Anthropologe Wolf-Dieter Storl in einem Interview ausführlich zu Wort…