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Derzeit steht bei uns Steinobst hoch im Kurs: Aprikosen und Pfirsiche, die wir zu schmackhaften Marmeladen verarbeiten. Erdbeeren haben wir bereits hinter uns, und bald kommen dann die Brombeeren an die Reihe.

Warum machen wir das? An den Kosten kann es nicht liegen, denn wir haben weder Erdbeeren noch Pfirsiche oder Aprikosen gratis auf dem Grundstück wachsen, nur die Brombeeren wachsen uns sozusagen in den Mund. Veranschlagt man überdies die benötigte Zeit und den Stromverbrauch, wäre Zugekauftes aus dem Supermarkt allemal die günstigere Alternative. Warum also?

Ein uralter Trieb

In Anbetracht herannahender Versorgungskrisen sowohl im Energie- wie auch im Lebensmittelbereich ist ein jeder Haushalt gut beraten, Vorräte anzulegen, um sich für einige Wochen selbst versorgen zu können. Doch diese Vorräte könnte man, wie erwähnt, derzeit noch deutlich günstiger und zeitökonomischer über den Handel beziehen. Warum also der Aufwand, den wir und viele andere Haushalte betreiben? Hier tritt etwas sehr Altes, tief in uns Verwurzeltes zutage, das weit in die Vergangenheit der Menschheit zurückweist. Sehr weit.

Das uralte Normal

Versorgungskrisen war Jahrtausende lang der Normalfall. Da konnte jeder kalte, lange Winter zum Verhängnis werden. Also wurde konserviert, was das Zeug hielt: Man fraß sich nicht nur Winterspeck an, sondern dörrte, trocknete, räucherte, pökelte, buk, verarbeitete Milch zu Käse, entdeckte die milchsaure Gärung von Gemüsen und sehr spät dann auch das Einkochen. Dafür benötigte man keine Spezialisten – jeder Haushalt konnte das selbst. Es war schlicht für das Überleben notwendig. Nicht nur für den Winter – auch Ernteausfälle durch Dürre, Kälte, Hagelstürme oder Nässe konnten so wenigstens für ein Jahr überbrückt werden. Hinzu kamen Kriegszeiten. Die waren die schlimmsten, denn vor den einfallenden fremden Horden waren auch die Vorräte nicht sicher.

Zurück zu den Wurzeln

Derzeit sehen wir die ersten Vorzeichen kommender Krisen wie eine rasch nahende Gewitterfront heraufziehen. Die ersten beginnen zu ahnen, dass das, was sich gerade vor unseren ungläubig staunenden Augen ausbreitet, nichts weniger bedeuten könnte als den Verlust allen Komforts und jeder Sicherheit. Wir haben den peak of civilisation offenbar überschritten und nun geht es talwärts. Zunächst nur ganz sachte, von vielen kaum spürbar. Doch das Tempo wird zunehmen. Werden wir das überleben? Als Gesellschaft, als Individuen? Der Staat, selbst von Zerfallsprozessen ergriffen, wird und kann nicht helfen. Bleiben Familie, Freunde und Eigeninitiative. Da kann das Zubereiten und Anlegen von Vorräten natürlich nur ein kleiner Teil einer umfassenden Überlebensstrategie sein. Je eher wir das begreifen, desto besser.

Foto: Lutz Meyer

 

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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