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Auf steinigem Kriegspfad

Alle Welt scheint heute auf dem Kriegspfad zu sein. Jeder gegen jeden und oft genug auch alle gegen einen. Vergleicht man das Meinungsklima unserer Tage mit dem vor sagen wir mal 10 oder 15 Jahren, fällt auf, dass der Ton deutlich rauher und ruppiger geworden ist. Kaum vorstellbar, dass es gar vor einem Menschenalter noch gepflegte und zivilisierte Diskurse gab und es als äußerst unhöflich galt, einander ins Wort zu fallen. Heutzutage muss man dankbar sein, wenn die Ruppigkeit sich…

Alte Dinge reparieren

Reparieren macht glücklich

Gestern rumpelte es laut auf der Straße. Neugierig schaute ich aus dem Küchenfenster. Vor unserem Haus fuhr der Nachbarjunge mit seinem Trettrecker über den steinigen Weg. Allerdings verursachte nicht das knallrote Gefährt diesen Lärm – der Trecker ist mit modernen Flüsterreifen ausgestattet – sondern der angekoppelte Anhänger. Der war eindeutig neu – und selbst gebaut. Räder und Anhängerkupplung gehörten dem Aussehen nach zu urteilen zu einem alten, längst kaputten Treckeranhänger, der Aufbau war aus Holzleisten grob zusammen gezimmert. Schön sah…

Kreisen wie ein Vogel

Kreisen wie ein Vogel

Kürzlich las ich den Satz: Schaukeln ist wie Fliegen. Ich weiß nicht, wie sich ein Vogel fühlt, aber sich auf dem schmalen Brett hoch in die Lüfte zu schwingen, den Wind in den Haaren zu spüren und dann das Kribbeln im Bauch, wenn es wieder abwärts geht – das ist einfach wunderbar. Kindheitserinnerungen Als ich ein Kind war, stand eine schlichte, rot-blaue Metallschaukel in unserem Garten. Wenn es richtig in die Höhe ging, ruckelten die Beine der Schaukel in der…

T.C. Boyle, Spezialist für menschliche Zerreißproben

In T.C. Boyles neuem Roman „Sprich mit mir“ geht es um Affen. Genauer gesagt: um wahre Affenliebe. Wobei der Ausdruck Affe es nicht trifft, denn Sam – die wahre Hauptfigur dieses Romans – ist ein Schimpanse. Schimpansen sind zoologisch betrachtet unsere nächsten Verwandten – der letzte Abzweig eines gemeinsamen Stammbaums, bevor die direkten Vorläufer von Homo sapiens sich langsam zu etwas völlig Anderem, Größerem, Schrecklicherem weiterentwickelten. Zu uns. Entwicklungsgeschichtliche Nebenlinien auf dem Weg zu uns, also weitere Abzweigungen oder direkte…

Alte Kulturtechniken sind aktueller denn je

Folgt man einigen Kritikern der Energiewende, so stehen uns alsbald - und zwar mit 100%iger Wahrscheinlichkeit bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre - größere Versorgungsengpässe im Bereich der Elektrizität bis hin zum europaweiten Blackout ins Haus. Schaltet man die grundlastfähigen Kern-, Kohle- und Gaskraftwerke der Reihe nach ab und setzt stattdessen auf sogenannte erneuerbare Energien, die jedoch größtenteils nur witterungsabhängig zur Verfügung stehen und überdies kaum hinreichend speicherfähig sind, und erhöht gleichzeitig noch die Zahl der Stromverbraucher durch forcierten Ausbau…

Standhalten!

Passend zu den Rauhnächten und zum Jahreswechsel: Dieser Nachbau eines germanischen Zentralheiligtums namens Irminsul steht nahe beim Ort Irmenseul auf dem Romberg. Der Nachbau ist streng genommen eine Neuinterpretation, denn er fügt zwei uralte heilige Symbole zusammen: das Radkreuz (in dieser Form das Wappen der Gemeinde Irmenseul) und die Säule (hier dargestellt durch einen Eichenstamm). Das Radkreuz oder Sonnenrad steht für die vier Jahreszeiten und damit für den ewigen Kreislauf des Lebens. Die Irminsul selbst symbolisiert den Weltenbaum aus der…

Ein anderer Blick auf die Natur

Die zweite Ausgabe von Anbruch Magazin für Kultur & Künftiges ist soeben erschienen. Das Titelthema: Natur. Das Heft befasst sich weder mit den üblichen Ökothemen noch liefert es Beschauliches aus der Welt der Lurche und Moose. Es geht tiefer. Es geht um das Unberührte und Ursprüngliche in uns, es geht um den ewigen Grenzkonflikt von Natur und Kultur, es geht um seelische Hungersnöte. Im Gespräch mit dem Anthropologen Wolf-Dieter Storl wird versucht, einen Weg zurück zu unseren Quellgründen zu bahnen…

Freiheit! Freiheit?

Über Freiheit wurde schon viel nachgedacht. Im Wesentlichen läuft es darauf hinaus: Ist man frei etwas zu tun oder ist man frei, genau das zu lassen, was man eigentlich am liebsten tun würde? Geht es um das totale Ausleben der eigenen Möglichkeiten oder um die freiwillige Selbstbeschränkung? Doch sind wir überhaupt in der Lage, diese Entscheidung selbst zu treffen? Sind wir nicht allzuoft nur ein Spielball der Ereignisse und  der unvorhersehbaren Launen unseres Selbst? Ich habe eine Kurzgeschichte zu dem…

Das Kleine. Das Nahe. Das Wunder.

In seiner Vorrede zu der Sammlung „Bunte Steine“ aus dem Jahr 1853 schreibt der Schriftsteller Adalbert Stifter: „Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen der Getreide, das Wogen des Meeres, das Grünen der Erde, das Glänzen des Himmels, das Schimmern der Gestirne halte ich für groß.“ Ich finde diesen Satz, diesen Gedanken großartig. Vor allem in einer Zeit, in der pöbelhafte Lautstärke, das schier endlose Gequassel über Nichtigkeiten, Aufgeregtheit bis zur Hysterie den Ton angeben. Da ist…

Der Tag, an dem Sysiphos nicht mehr zur Arbeit erschien

Sysiphosarbeit endet nie. Tagein, tagaus muss der schwere Stein bergauf bewegt werden. Sysiphos erreicht den Gipfel nie, der Stein rollt kurz vor dem Ziel immer wieder talwärts. Bei den alten Griechen war Sysiphos der von den Göttern bis in alle Ewigkeit gestrafte Frevler. In der Moderne bei Albert Camus ist sein Tun der Inbegriff des Absurden und Sinnlosen, Sinnbild der menschlichen Existenz schlechthin. Weder in der einen noch in der anderen Konzeption kann Sysiphos entkommen. Bei den alten Griechen nicht,…