Dem Hahn wurden in alten Zeiten prophetische Kräfte zugeschrieben. Mit einem ironischen…
Alle Welt scheint heute auf dem Kriegspfad zu sein. Jeder gegen jeden und oft genug auch alle gegen einen. Vergleicht man das Meinungsklima unserer Tage mit dem vor sagen wir mal 10 oder 15 Jahren, fällt auf, dass der Ton deutlich rauher und ruppiger geworden ist. Kaum vorstellbar, dass es gar vor einem Menschenalter noch gepflegte und zivilisierte Diskurse gab und es als äußerst unhöflich galt, einander ins Wort zu fallen. Heutzutage muss man dankbar sein, wenn die Ruppigkeit sich auf das Verbale beschränkt und nicht in physische Gewalt umschlägt.
Darf man das sagen?
Das mit der Gewalt könnte auch einem wie mir widerfahren, wenn jemand die Abbildung von Indianern im Kontext von Gewalt als Beleidigung der indigenen Völker Nordamerikas empfindet und mir, da ich kein Indianer bin (allein das Wort, das geht ja gar nicht! Und ist nicht auch der „Kriegspfad“ klischeehaft?), das Recht abspricht, mich überhaupt wertend über diese Menschen zu äußern. Denn ich bin ein zwar noch nicht wirklich alter, doch weißer und also privilegierter Mann, während die indigenen Völker ja von meinesgleichen so gut wie ausgerottet wurden.
Ich würde entgegnen: Weder äußere ich mich wertend oder gar abwertend noch habe ich Indianer abgebildet, sondern Spielzeugfiguren aus Kunststoff, die lediglich nach Überzeugung des Herstellers Indianer darstellen. Kunststofffiguren haben weder Gefühle noch Würde, die ich verletzen könnte. Und überhaupt: Was maßen diese selbst garantiert nicht-indigenen und überwiegend ebenfalls privilegierten Moralapostel sich an, sich zum Verteidiger der Indianer aufzuschwingen? Ist nicht auch das eine übergriffige „kulturelle Aneignung“? Vor dem Marterpfahl der politischen Korrektheit würde mich all das natürlich nicht retten. Sei’s drum.
Der Feind wird bekämpft
Es geht längst nicht mehr darum, andere mit Argumenten zu überzeugen oder einfach mal zuzuhören und die Meinung des anderen gelten zu lassen. Nein, die anderslautende Meinung wird als unerwünscht klassifiziert, der Andersmeinende als Feind markiert. Und im Kampf gegen den Feind sind alle Mittel recht. Das rationale Argument wird durch den Holzhammer und Beleidigtsein, Zwischentöne werden durch Gebrüll und Hasskommentare ersetzt. Wobei bemerkenswerterweise die größten Hater den von ihnen Geschmähten besonders gern ausgerechnet Hassverbrechen vorwerfen.
Es freut sich der lachende Dritte
Es geht hier an dieser Stelle gar nicht darum, zu beurteilen, welche Meinung wann im Recht oder Unrecht sein könnte. Es geht allein um den Stil der Auseinandersetzung – und um die Frage, was ein solcher Kommunikationsstil mit denen macht, die ihn praktizieren und akzeptieren. Mir kommt bei dieser Gelegenheit das „divide et impera“ in den Sinn, teile und herrsche – mit dieser Formel gelang es schon im alten Rom, das Volk unter der Knute zu halten. Indem man die Menschen teilt, also gegeneinander aufbringt, Zwietracht unter ihnen sät und sie damit beschäftigt hält, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, sichert der Herrscher nicht nur seinen eigenen Schädel, sondern auch die Krone oben drauf, sprich: die Macht. Man sollte vielleicht öfter mal (ganz unaufgeregt natürlich) der Frage nachgehen, wer von diesem ganzen Zwist heute eigentlich profitiert.
Das Wertvollste geht verloren
Doch neben diesen Überlegungen spielt noch etwas anderes eine Rolle: die Verfassung der Seele. Wer ständig auf dem Kriegspfad ist, kommt nie zur Ruhe. Wer nie zur Ruhe kommt., kommt nie zu sich selbst. Wer nie zu sich selbst kommt, kommt auch nicht zum anderen – dem Du, dem Wir – und hat sich selbst und die Welt verloren. Er wird zum Treibgut in den Strudeln der Zeit und geht alsbald unter.
Dieses Schicksal wird die Sprachregulierer unserer Tage ereilen. Ihr Treiben wird vergehen wie der Furz im Wind, nichts wird von ihnen bleiben.
Vor diesem Schicksal sollte man sich und die Seinen nach Kräften bewahren.
Howgh.
Foto: Lutz Meyer
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