Dem Hahn wurden in alten Zeiten prophetische Kräfte zugeschrieben. Mit einem ironischen…
Unser steinerner Trabant hat seit jeher etwas Mysteriöses. Er beeinflusst Ebbe und Flut, hilft das Sonnenjahr in handliche Abschnitte zu unterteilen, lässt viele Menschen einmal im Monat schlechter schlafen. In seinem Schein geschehen oft verborgene Dinge – der Name Moonshine für illegal gebrannten Schnaps spricht Bände. Und dass man einander im Mondschein begegnen kann, lässt diese oder jene Deutung offen.
Der Mond soll auf das weibliche Geschlecht wie auch auf manche Pflanzen eine geradezu magische Anziehungskraft haben. Sogenanntes Mondholz – um Weihnachten bei abnehmendem Mond kurz vor Neumond geschlagen – erzielt geradezu astronomische Preise, es gilt als besonders trocken, rissfrei, schwindarm und witterungsbeständig. Der Mond fördert also das wirtschaftliche Wohlergehen von Waldeigentümern. Zu allem Überfluss zeigt der Mond sich uns Erdlingen immer nur von einer Seite – über seine uns abgewandte Seite wussten wir lange Zeit nichts.
Inzwischen haben die Menschen jedoch nicht nur die Oberfläche des Monds betreten und dort Steine eingesammelt, um sie zu untersuchen. Man kennt längst auch seine andere Seite und trachtet sogar danach, seine Bodenschätze auszubeuten. Der Mond bietet einiges an Eisen und seltene Erden, allerdings stehen deren Nutzung exorbitant hohe Kosten für Bergung und Transport gegenüber. Doch bislang hat der Mensch noch immer einen Weg gefunden, wenn es darum ging, seinen Profit zu sichern. Vielleicht taugt der Mond dann bald auch noch zu anderen Zwecken – als Strafkolonie, als Atommüllendlager oder als exterrestrische Ausgangsstation für weitere Exkursionen ins Universum.
Doch mit solchen ökonomischen, nutzenorientierten Überlegungen zerstört man stets mehr als man gewinnt. Verloren geht das Unbekannte, das Mysteriöse, das Geheimnisvolle, das Verborgene, das Unkalkulierbare – und damit der besondere Reiz des Lebens. Wir brauchen die andere Seite – den Bereich des Lebens, von dem wir nichts und wenigstens doch nicht alles wissen.
Foto: Lutz Meyer
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