Heimatmuseen zeigen Fundstücke aus der jeweiligen Region und vermitteln so einen Eindruck…
Die Großsteingräber aus der Trichterbecherkultur (hier die großen Sloopsteene bei Wersen) sind jungsteinzeitliche Begräbnisstätten, Wohnsitze für die Ewigkeit. Kleinere Megalithgräber mit weniger Tragsteinen und Deckplatten, die nicht als Ganggrab angelegt sind, sondern nur aus einer Kammer bestehen, heißen auch Dolmen.
In der Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen von Christian Rätsch fand ich im Kapitel über psychoaktive Pilze einen Hinweis auf die Dolmen im südindischen Kerala. Weil die Dolmen pilzförmig aussehen (was man auch an den nordischen Dolmen beobachten kann), heißen sie dort kuda-kallu, Schirm-Stein. Der Innenraum wird garbba-gripa genannt, Gebärmutterkammer.
Befremdlicher Gedanke: Könnten einige dieser Megalithbauten vielleicht nicht nur als Grabkammer, sondern auch – oder sogar ausschließlich – als Gebärkammer gedient haben? Als neolithische Kreißsäle sozusagen?
Der Gedanke ist nicht so abwegig, wie er zunächst erscheinen mag. Wenn man davon ausgeht, dass in den jungsteinzeitlichen Religionen neben einem Himmelsvater die Große Mutter (die Erde, die Gaia der griechischen Antike) von zentraler Bedeutung war, liegt der Gedanke einer Nachbarschaft von Geburt und Tod sogar sehr nahe: Die Erde bringt alles hervor und nimmt am Ende wieder alles in sich auf. Alles Leben kommt aus ihr, alles Leben endet, nachdem es in der ihm zugemessenen Zeit dem freien Raum des Himmels und den Sternen entgegengewachsen war, unausweichlich wieder in ihr. Die Allgebärerin ist auch die am Ende alles in sich Bergende. Eine Grab-/Gebärkammer ist eine Transformationsstation auf der Reise des Lebens. Sie wächst aus der Erde dem Himmel entgegen, verbindet so die großen Gottheiten und ist das Symbol eines Lebens, das vom Tod nicht getrennt werden kann. Manche Kulte sehen den Tod bekanntlich auch als Tor zum ewigen Leben. Und im griechischen Mythos ist Persephone, Königin des Totenreichs, die Tochter der Demeter – diese ist zuständig für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und die Jahreszeiten. Wir sehen Tod und Leben verwandt, innig miteinander verwoben. Eine blasse Erinnerung findet sich sogar noch in unseren Kliniken – Geburtsstation und Intensivstation in einem Gebäude.
Übrigens ist die Akustik in diesen Steinkammern phänomenal. Man stelle sich die Wehenschreie der gebärenden Frauen vor – sie dürften von geradezu markerschütternder Präsenz gewesen sein.
Foto: Lutz Meyer
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