Die Haselnuss zählt zu den ersten Gehölzen, die Norddeutschland nach der Eiszeit…
D27 ist der etwas nüchterne Name des größten Megalithgrabs aus der Trichterbecherkultur in den Niederlanden. Es liegt direkt neben dem Café des Hunebedcentrums in Borger/Drenthe und ist einen Besuch wert. Der Hunebed-Kuchen im Café ist übrigens stilecht mit einem Bild vom Hünengrab verziert. Und selbstverständlich gibt es hier auch Menhir Urbier, Megalith Pils, Flint Weizenbier sowie Trichterbecher-Kaffee.
Der Kuchen zum Megalithgrab: Die Anmutung eines Findlings auf dem Teller ist gegeben. Man beachte auch das krönende Emblem.
Ebenfalls auf dem Areal befinden sich ein Museum, ein Felsenpark mit Findlingen sowie der Urzeitpark mit Behausungen. Die zeigen die Entwicklung von den Zelten eiszeitlicher Rentierjäger über die Hütten der mesolithischen Jäger und Sammler und neolithischer Bauern bis zur eisenzeitlichen Schmiede. Ich war erfreut zu sehen, wie viele jüngere Leute und Familien mit Kindern sich die Exponate im Museum anschauten und im Urzeitpark Behausungen, Handwerke, Arbeitsgeräte und Gärten erkundeten.
An der Steinzeit scheiden sich die Geister
Man kann die Menschheit in zwei Gruppen teilen. Bei der ersten Gruppe löst der Begriff Steinzeit Desinteresse, Abscheu und Entsetzen aus. Steinzeit gilt als Inbegriff all dessen, was man im Hier und Heute glücklich überwunden zu haben glaubt. Steinzeitliches steht für primitiv, rückständig, grob, roh, unbequem, brutal und dreckig. Das Leben ohne die Zerstreuungen des modernen Alltags muss unsagbar öde und gräßlich gewesen sein. Frauen waren zu harter Arbeit in Haus und Garten verurteilt und überdies leichte Beute ungehobelter Kerle, das Leben war hart und in jeder Hinsicht unkomfortabel. Die zweite Gruppe sieht insbesondere die jüngere Steinzeit als erste europäische Hochkultur – und verbindet ein gänzlich anderes Bild mit ihr.
Ein reales Bild des Lebens in der Steinzeit
Gewiss war das Leben in der Jungsteinzeit weniger komfortabel als es heute ist. Vor allem war es deutlich gefährdeter. Aber die Menschen damals haben es geschafft, mit sehr einfachen Mitteln zu überleben. Und dies, ohne den geradezu obszönen Raubbau an der Natur zu betreiben, der erforderlich ist, um uns unsere heutigen Komfortzonen zu sichern. Ihre Werkzeuge und Dinge des täglichen Bedarfs waren vornehmlich aus Stein, Holz, Ton, Pflanzenfasern, Sehnen und Knochen – sie nahmen das, was sie vorfanden, bearbeiteten es mit erstaunlicher Kunstfertigkeit für ihre Zwecke und schufen so einen Formreichtum, mit dem alles Wichtige bewältigt werden konnte. Ihr ökologischer Fußabdruck dürfte im Vergleich zu dem eines heutigen Klima-Aktivisten verschwindend gering gewesen sein.
Wer so etwas erbauen konnte, war eines ganz sicher nicht: Primitiv. Wir sollten unseren Kulturbegriff und auch unser Selbstbild überdenken.
Der Beginn der Landwirtschaft
Die Menschen der Trichterbecherkultur bauten Feldfrüchte an, gingen auf die Jagd (zu Land und zu Wasser) und sammelten alles Essbare ein, was die Umgebung hergab: Beeren, Pilze, Kräuter, Wurzeln. Sie gingen nach und nach auch dazu über, Tiere zu halten: Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine und zu guter Letzt auch das Federvieh. Der älteste tierische Mitbewohner (neben dem eher unwillkommenen Ungeziefer) war der Hund. Er diente schon in der ausgehenden Altsteinzeit als Wach- und Schutzhund, als Hütehund und als Jagdgefährte. Das Leben mag aus heutiger Sicht ungeheuer primitiv gewesen sein, aber langweilig war es bestimmt nicht. Sollen wir denn zurück in die Steinzeit? Nein, das würde nicht funktionieren. Außerdem würden wir vermutlich elend scheitern, wenn wir versuchten, unser Leben so zu führen wie unsere fernen Vorfahren es taten. Aber ein Blick zurück könnte recht nützlich sein.
Der Blick zurück weitet den Horizont
Die meisten Menschen sind in den Anforderungen und Nöten des Hier und Heute gefangen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit erscheint als staubtrockener und überdies nutzloser Zeitvertreib. Tatsächlich ist die Beschäftigung gerade auch mit der ganz alten Geschichte von allerhöchstem Nutzen, zeigt sie uns doch, wieviel Vergangenheit in jedem von uns steckt. Die menschliche Seele und der menschliche Geist wurden in Jahrzehntausenden geformt. Unsere Ängste, Abneigungen und Vorlieben und Emotionen, unsere sämtlichen Verhaltensweisen im Alltag haben steinzeitliche Wurzeln. Wir können uns selbst nicht verstehen, wenn wir unsere Herkunft nicht sehen und nicht verstehen. Kurzweilige Anregungen zum Nachdenken findet man im Hunebedcentrum.
Berührende Inszenierung im Museum: Trauernde am offenen Grab. Unsere Emotionen sind uralt.
Fotos: Lutz Meyer
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