Skip to content

Die Angst vor den richtigen Zitaten

Wenn ausgerechnet ein Linksintellektueller von Format vor dem Antifaschismus warnt, ist das, was daraus folgt, immer mehr als nur ein Politikum. Es ist etwas zutiefst Menschliches: Die einen wollen es nicht wahrhaben, die anderen nutzen es weidlich aus. Der Stein des Anstoßes Die Rede ist vom dem berüchtigten Verdikt Ignazio Silones: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus». Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus»." Seit einigen Jahren wird dieses Satz von den einen…

Was mir der Wind so sang und pfiff

Heute war ich in der Feldmark unterwegs. Ich hörte wieder einmal das mir liebe Geräusch des in den Stromleitungen pfeifenden, singenden Windes. Ich lauschte seinem Lied aufmerksam. Was der Wind mir sang und pfiff? Erste Strophe: Garstig Lied Es war ein Lied über die digitale Transformation unseres Lebens: Es wird alles herrlich bequem für dich sein – dein Kühlschrank bestellt fehlende Lebensmittel für dich, eine Drohne liefert sie dir, du bist rund um die Uhr mit allen versorgt, was du…

Entfremdete Sprache versus selbstbestimmte Sprache

Unsere Sprache ist im Umbruch. Gewiss, Sprache war schon immer im Umbruch – Sprachgewohnheiten ändern sich mit der Zeit, neue Begrifflichkeiten entstehen aufgrund neuer Welterfahrung, manche Wörter geraten aus der Mode, weil sie die Lebenswelt nicht mehr spiegeln. Sprache im Zangengriff von Ideolgie und Technik Der massive Sprachumbruch unserer Tage allerdings hat andere Gründe. Er wird vor allem aus ideologischen Gründen vorangetrieben, wie es in allen totalitären Systemen schon immer üblich war und ist – hier waltet das Prinzip Neusprech…

Die Magie des Sehens

Ausblick eröffnet Einblick. Ist der Ausblick beschränkt, ist es auch der Einblick. Man sieht nur einen Ausschnitt, einen Teil des Ganzen. Den Rest – also das Ganze – denkt man sich  einfach hinzu. Beim Hinzudenken kann man richtig liegen oder falsch. Hier definiert die grob in die Bretterwand geschnitzte Herzform den Ausschnitt. Sie gibt nur einen teilweisen Einblick in die Landschaft frei. Wir ergänzen die Landschaft in unserem Kopf zu einem Bild des Ganzen. Was wir dann als – zum…

Festes wird fließend und wieder fest

Panta rhei. Gerät feste Materie ins Fließen, wird sie irgendwann auch wieder fest. Glutflüssige Lavaströme erstarren nach einer Weile.  Ähnlich verhält sich zu einem Hügel angehäufter Sand, der nach tagelangem Dauerregen ins Rutschen gerät. Die Abflussrinnen des Wassers graben sich an manchen Stellen tief ein, was dem Hügel dieses markante Aussehen verleiht, das entfernt an einen Vulkan erinnert. Setzt unmittelbar danach eine starke Frostperiode ein, erstarren die Formen wie Lava an der kühlen Luft. Zu bestaunen ist dieses Kunstwerk der…

Landschaftsgestalter Wasser

Wasser verändert alles. Nach dem vielen Regen der letzten Wochen geschah das Erwartbare: Wieder einmal trat die Ems über die Ufer. Im Bild sieht man den Bereich zwischen der Gittruper Straße und den Bockholter Bergen. Wo die Ems üblicherweise in ihrem kanalisierten Bett auf vielleicht gut 15 Metern Breite dahinfließt, breitet sie sich nun über mehrere Hundert Meter aus. Wo sonst Äcker und Wiesen sind, ist nun Wasser. Dabei nimmt die Ems auch ihre bei der vor Jahrzehnten erfolgten Begradigung…

Am Meer

Wer ans Meer fährt, tut dies meist um des Vergnügens willen: Schwimmen, surfen, segeln, schnorcheln, lange Strandspaziergänge. Daneben entwickeln sich die Meere immer mehr zum technischen Verfügungsraum: Transportwege führen über sie, Fischbestände werden ausgebeutet, Areale für Windparks werden abgesteckt, Bodenschätze werden abgebaut. Und Ansprüche auf künftige Ausbeutung werden erhoben und militärisch durchgesetzt. Ankünfte und Fortgänge Vor allem aber ist das Meer eine der großen Erfahrungen des Menschen. Die ersten Menschen, die von Land her an ein Meeresufer kamen, blickten ins…

Besteckkasten

Zu schön zum Gebrauchen

Im Laufe des Lebens sammeln sich Dinge, die einem lieb und teuer sind – und die nur im Schrank liegen. Obwohl ich im vergangenen Jahr ordentlich ausgemistet habe, finden sich noch einige: mein Märchenbuch aus der Kindheit, der Stoffbär aus Kanada oder der Handabdruck aus Gips meines damals dreijährigen Sohnes. Einer dieser Zu-schade-zum-Weggeben-oder-Benutzen-Gegenstände begleitet mich seit meiner Konfirmation. Er reiste mit in mein Studentenwohnheimzimmer, in mein erstes WG-Zimmer, weiter in meine erste eigene Wohnung – und legte dabei etliche Kilometer…

Sehen und Denken

Was geht in uns vor, wenn wir mit einem Gegenstand in Berührung kommen? Wir gleichen ihn mit ähnlichen Gegenständen ab, die wir bereits kennen, und ordnen ihn ein. Dabei sind verschiedene Stufen der Annäherung möglich. Erste Stufe Wir haben so etwas noch nie gesehen und fällen vielleicht ein ästhetisches Werturteil: Gefällt mir oder gefällt mir nicht. Vielleicht stellen wir auch Mutmaßungen an, um was es sich handeln könnte. Liegen uns die beiden im Bild zu sehenden Objekte zum Abgleich vor,…

Wellen

Wellen sind wir im großen Meer. Meist nur kurz sichtbar, kaum unterscheidbar von den Nachbarwellen, schnell den Blicken entschwunden. Andere Wellen türmen sich hoch auf, bevor sie brechen und wieder im Ungeteilten verschwinden. Die Welle als Sinnbild des Lebens liegt nahe. Riesenwellen haben, wo sie auf Widerstände treffen, ein gewaltiges Zerstörungspotenzial – auf offenem Meer wie auch am Ufer. Sie begraben Schiffe, Menschen, Häuser unter sich. Zugleich transportiert jede Welle die Schätze der Tiefe, die sie am Spülsaum ablegt. Auch…