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In der zwischenmenschlichen Kommunikation kann manches schief gehen. Besonders schief geht es gern dann, wenn man sich nicht klar macht, dass zwischen Bild und Text immer eine Wechselwirkung besteht. Auch das Bild selbst ist nicht beliebig – denn es könnte bei anderen Menschen einen gänzlich anderen Eindruck hervorrufen als bei einem selbst. Nirgendwo lässt sich so viel über Fehler in der Kommunikation lernen wie beim Studium von Kontaktanzeigen.

Was sehen wir auf diesem Bild?

Klar: Da steht ein Kaminofen. Sinnbild der Gemütlichkeit. Gerade jetzt zu Herbstbeginn, wenn draußen ein strammer Nordwest die Blätter und Vögel von den Bäumen fegt, sehnen viele Menschen sich nach etwas Wärme. Da kommt ein lustig flackerndes Feuerchen – das hier aber leider nicht zu sehen ist – gerade recht. Zumal dann, wenn davor ein nackter Fliesenboden zu Aktivitäten einlädt, die zu zweit einfach mehr Spaß machen.

Was sehen wir noch?

Die Frage ist eher: Was sehen wir alles nicht? Zum Beispiel ein geräumiges Sofa, auf dem man nebeneinander sitzend und miteinander sprechend auch für innere Wärme sorgen könnte. Oder einen ausladenden, zu romantischen Spielen zu zweit einladenden gemütlichen Sessel. Stattdessen lauert rechts hinter dem Kamin eine etwas kühl wirkende Küchenzeile. Die Gesamtaussage des Bildes bewegt sich deutlich in Richtung neuer Sachlichkeit. Sehr sensible Gemüter könnten sich im Extremfall an die etwas sterile Atmosphäre im Schlachtraum einer Metzgerei erinnert fühlen. Aber so etwas ist meist, gottlob, ja weiß gefliest.

Was sagt uns der Text?

Es bleibt weiter sachlich. Da hat einer einen Plan – sogar einen „Wochenend Plan“. Wahrscheinlich ist das Wochenende von der ersten bis zur letzten Minute durchgetaktet. Da bleibt wirklich nichts dem Zufall überlassen: Jeder einzelne Programmpunkt steht unverrückbar fest und wird eisern abgearbeitet. Doch was genau geht dann so ab? Film ab für das Kopfkino:

Der Mann, der da sucht, möchte nicht etwa vor dem Kamin kuscheln, sondern (statt einander) nur den „Kamin anmachen“. Das geht zweifelsfrei auch auf nacktem Fliesenboden. Sodann möchte er mit einer eventuell interessierten Frau „zusammen kochen“ – kein Problem, eine blitzblanke Küchenzeile steht schließlich bereit. Dabei möchte man „über Gott und die Welt sprechen“ – das freilich geht überall, im Wartezimmer beim Arzt, in Bus und Bahn, im Treppenhaus und zur Not auch in diesem Raum.

Dann aber kommt er endlich zur Sache: Er möchte „Wünsche und Pläne mitteilen“ – da fühlt sich bestimmt jede Frau sofort in tiefster Seele angesprochen. Wünsche und Pläne werden nicht etwa ausgetauscht, sondern geradlinig und stramm mitgeteilt. Wahrscheinlich teilt ER ihr exakt mit, wie ER sich das so vorstellt (bitte Stift und Papier zum Mitschreiben bereithalten). Kluge Frauen wissen: Wünsche und Pläne lassen sich auch im Gespräch mit einem Bausparberater mitteilen, dort steht vermutlich sogar eine bequeme Sitzgelegenheit bereit.

Geboten wird all dies von einem „Mann, groß und stark“ – das nun ließe sich positiv (Beschützer, Schulter zum Anlehnen) wie negativ (Vorsicht, potenzieller Gewalttäter) interpretieren. Da er sich auf „Resonanz von Frauen ab 55“ freut – Menschen also, die oft allein im Leben stehen und die niemand so schnell vermissen wird – könnte, wer Böses denkt, leicht in eine eher negative Richtung denken. Aber man muss es nicht.

Fassen wir es mal so zusammen: Wort und Bild entsprechen einander durchaus. Beides ist sachlich. Aber auch erfolgreich?

Vielleicht besser so?

Rumstänkern kann bekanntlich jeder. Hier also mein konstruktiver Vorschlag für eine stimmige Wort-/Bildkombination mit wahrscheinlich größeren Erfolgsaussichten:

  1. Für etwas mehr Gemütlichkeit beim nächsten Fotoversuch im Kamin schon mal ein Feuer entfachen und davor einen flauschigen hellen Wollteppich mit einem dicken Kissen  ausbreiten (Brandschutzaspekte mal kurz ausblenden). Daneben in Reichweite vielleicht ein Tablett mit zwei Gläsern und einer Flasche Rotwein? Eine Vase mit Herbstastern oder ähnlicher floraler Dekoration könnte auch nicht schaden. Das wirkt schon mal deutlich einladender. Und das Ganze dann so fotografiern, dass man vom Drumherum nichts sieht.
  2. Und den Text dann vielleicht ein wenig mehr in diese Richtung bringen:  “Wochenende vor dem Kamin? Du sehnst dich nach Wärme, magst Gespräche über Gott und die Welt und suchst einen einfühlsamen Mann, der nicht nur von sich selbst erzählen, sondern auch gut zuhören kann? Dann lass uns doch mal zusammen kochen. Ein großer, starker und gefühlvoller Mann mit Sinn für Zweisamkeit freut sich auf deine Nachricht: XXXXXXXXXXXXXX.”

So oder so ähnlich 🙂

 

 

 

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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