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Unser Bild vom Denken ist seit langem ein mechanistisches. Das Gehirn ist eine unter einem Knochengewölbe platzierte Ansammlung organischen Gewebes, in dem Botenstoffe und Nervenreize Aktionen auslösen. Neuronale Feuerwerke entstehen dann, wenn die Aktivität hoch ist. Mangelt es an Aktivität, passiert nichts. Wenn zu wenig passiert oder das Falsche, gibt es den berühmten Schalter in unserem Hirn, den wir einfach umlegen können. Was aber nicht funktionieren kann, weil es einen solchen Schalter im Gehirn nicht gibt. Da unser Bild vom Denken ein mechanistisches ist, können wir nun leicht auf die Idee kommen, dass ein implantierter Chip unsere Denkleistung verbessern könnte. Damit verkennen wir, was Geist wirklich ist.

Klangschädel

Betrachtet man einen Schädel, könnte man auf die Idee kommen, einen Resonanzkörper vor sich zu haben – ähnlich einer Klangschale. Eine Klangschale funktioniert, indem sie von außen mit einem Schlägel angeschlagen wird. Die Wand der Klangschale wird in Schwingungen versetzt, diese Schwingungen nehmen wir als Ton wahr. Je nach Dicke der Klangschalenwand und je nach Größe des Resonanzkörpers, variiert der Ton, ist höher oder tiefer. Weitere Varianz können wir erzeugen, indem wir statt eines weichen Filzschlägels einen harten hölzernen Schlägel verwenden.

Um das Bild vom klingenden Gehirn auszuführen, stellen wir uns die Schlägel einmal als Ereignisse vor, die von außen auf uns und unser Gehirn einströmen: Unser Gehirn wird von außen angeregt, es erzeugt Schwingungen, diese Schwingungen werden dann z. B. als Sprache für andere wahrnehmbar. Die Schwingungen sind nichts anderes als das, was wir als Geist bezeichnen.

Schwingung ist Geist

Nicht wir also erzeugen den Geist, den geistreichen Gedanken. Der Gedanke entsteht in uns, indem ein wahrgenommenes Ereignis in uns bestimmte Schwingungen erzeugt. Der Mensch ist nicht der Dirigent der Welt, er ist ein Instrument, auf dem die Welt – oder irgendein tragendes Prinzip in der Welt – musiziert. Jeder Mensch ist ein besonderes Instrument, das andere Töne erzeugt, andere Worte findet. Alle Menschen zusammengenommen ergeben ein Orchester. Missklänge entstehen, wenn ein Instrument manipuliert, missbraucht und zweckentfremdet oder zerstört wird. Das Instrument, das jeder Mensch ist, so zu erhalten, dass es tönen kann, ist die wohl wichtigste Aufgabe im Leben.

Foro: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.