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Ruinen zeugen vom Niedergang. Der Niedergang verweist auf etwas, was mal größer, auf jeden Fall aber präsenter war als es heute ist. Burgruinen etwa erzählen etwas von alten Rittergeschlechtern. Kirchenruinen von Zeiten, die dem gottesfürchtigen Leben näherstanden als unsere Tage. Bau- oder Investitionsruinen vom kreisenden Pleitegeier.

Steht man vor einer Ruine, stellt sich nicht nur die Frage nach der Vergangenheit, sondern immer auch die nach der Zukunft. Soll man das alte steinerne Gemäuer womöglich komplett abreißen, um Platz zu schaffen für irgendetwas Neues? Oder macht man was daraus, vielleicht – wenn der Denkmalschutz denn mitspielt – eine Event-Location? So ein Mix aus auf uralt gemacht und ultracool mit Stahl, Sichtbeton und Eichenbohlen im fabrikneuen Shabby-Look? „Auferstanden aus Ruinen“ als Hipster-Remix?

Oder lässt man es so? Immerhin sagt einem die Ruine ja was. Sie erinnert an Zeiten, die weit vor den unseren lagen. Sie gemahnt jedoch nicht nur an die Vergangenheit, sondern vor allem an die Vergänglichkeit. Sie ist Stein gewordene Nachdenklichkeit. Besonders gut erfüllen Ruinen diesen Zweck an melancholisch bedeckten Tagen, wenn sie keine Besucher anziehen und man allein mit ihnen ist.

 

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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