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Steine und nackte Erde sind alles, was übrig bleibt, wenn eine muntere Schweineherde voller Hingabe das getan hat, was Schweine nun mal am liebsten tun: Fressen. Die Schweine fressen natürlich nicht nur das saftige Grün, sondern sind in unermüdlicher Wühlarbeit auch auf der Suche nach nahrhaften unterirdischen Genüssen wie Wurzeln und Würmern. Da wird die Weide schnell zur Mondlandschaft.

So soll es sein, das Schwein

Was sich hier an Schweinen tummelt, steht zwischen dem Wildschwein und dem modernen Turbomastschwein. Rassen wie das Bunte Bentheimer oder das Angler Sattelschwein zählen zu den alten Nutztierrassen, die im Bestand heute stark gefährdet sind – gefährdet infolge mangelnder Wirtschaftlichkeit. Denn zum einen brauchen sie bis zur Schlachtreife anders als das gewöhnliche Turbomastschwein nicht etwa sechs Monate, sondern werden mindestens ein Jahr alt oder älter. Zum anderen produzieren sie ein Fleisch mit höherem Fettanteil.

Fett aber gilt in Deutschland seit Wirtschaftswunderzeiten und den damit verbundenen negativen Folgen der Völlerei als ungesund. Tatsächlich aber ist dieses langsam und auf natürliche Weise gewachsene Fett nicht nur eine gesunde Energiequelle für den Menschen, sondern überdies sehr schmackhaft. Genau das lernen auch manche Fleischliebhaber wieder zu schätzen.

Wird also, wenn die Nachfrage wächst, die alte Rasse zur neuen Turbosau? Zur Massentierhaltung eignen sich die alten Rassen zum Glück nicht. Auch sind die Flächen begrenzt und nicht unendlich belastbar. Fleisch wird so vielleicht wieder zum seltenen, begehrten Gut.

Gesundes Leben, gesundes Fett

Alte Schweinerassen liefern nicht nur ein bekömmliches Fett, sondern sind auch selbst deutlich gesünder – anders als ihre bemitleidenswerten Artgenossen aus der industriellen Tiermast sind sie weder von tierischen Stresssymptomen bis hin zu Neurosen noch vom Herzinfarkt bedroht. Die Schlachtung erfolgt in nächster Umgebung nach kurzer Anreise und markiert das unausweichliche Ende eines bis dahin glücklichen Tierlebens.

Glücklich und unausweichlich

Glücklich ist ein solches Schwein, weil artgerecht gehalten – statt auf Spaltenböden in drangvoller Stallenge stehend, leben diese Tiere unter freiem Himmel in Weidehaltung. Es stehen Schutzhütten bereit, wenn es draußen gar zu ungemütlich wird. Eine Schlammsuhle sorgt dafür, dass bei Hitze eine kühlende Schlammpackung aufgetragen werden kann (Schweine können nicht schwitzen).

Außerdem, wir wissen es doch selbst, macht es einfach einen saumäßigen Spaß, sich nackt im Schlamm zu wälzen. Und ist eine Weide zur Gänze durchwühlt und leergefuttert, geht es auf zur nächsten. Auf natürliche Weise gedüngt, wird sich die alte Futterstelle alsbald erholt haben wie ein ewig währendes Tischlein deck dich. Hungern muss hier kein Schwein.

Das Weideschwein lebt im Herdenverband und pflegt einen stressfreien Umgang mit seinesgleichen wie auch mit zufällig des Weges daherkommenden Menschen. Die Schwänze werden nicht vorsorglich kupiert, weil sie eben nicht vom womöglich gestressten Nachbarschwein angefressen werden. Unausweichlich aber ist das Ende, weil das Prinzip „Erhalten durch Aufessen“ die Bestandserhaltung wirtschaftlich überhaupt erst möglich macht. Doch das Ende vom Schwein ist bekanntlich der Anfang der Wurst. Und die ist in diesem Fall eine äußerst wohlschmeckende.

Foto: Lutz Meyer

 

 

 

 

 

 

 

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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