Ein paar Tage auf Fehmarn gehören für uns einfach zum Herbst. Die…
Auf Würde antwortet man mit Respekt. Während mein Respektometer beispielsweise beim derzeit in Amt und Würden befindlichen Personal des Politik- und Medienbetriebs keinerlei Ausschläge verzeichnet, geht es bei diesem Stein geradezu durch die Decke. Der Findling hat mehr Würde und verdient folglich mehr Respekt als besagte Würdenträger.
Wie der Findling wurde, was er ist
Der Findling liegt am Strand südlich von Katharinenhof auf Fehmarn, seit die Gletscher der Weichseleiszeit ihn vor mehr als 10.000 Jahren von Skandinavien hierher verdriftet haben. Damals war hier noch kein Strand – der Brocken wird zunächst in Lehm und Ton verpackt gewesen und dann erst durch Wind und die ansteigenden Fluten der Ostsee aus seiner Umhüllung befreit worden sein. Natürlich ist er sehr viel älter als nur 10.000 Jahre und hat sicherlich einige Hundert Millionen Jahre auf dem Buckel. Die Schichtung und Beschaffenheit weisen ihn als Metamorphit aus – also als ein Gestein, das durch Hitze, Druck und tektonische Kräfte einen Umwandlungsprozess durchlaufen hat. Entstehung, Herkunft und Alter allein nötigem einen schon Respekt ab. Noch mehr aber fasziniert mich etwas anderes.
Rätsel der Gestaltung
Was am meisten an diesem Stein auffällt, ist die fast schon organisch anmutende Oberfläche, die an knorrige uralte Bäume erinnert. Nun ist der Stein aber keine Versteinerung, sondern verdankt seine Entstehung und Formgebung anderen Kräften. Der organische Eindruck wird nicht durch die Schichtung allein hervorgerufen, sondern durch die fließende Form insgesamt. Bedenkt man die ursprünglich magmatische Herkunft, könnte man meinen, dass dieser Stein mitten im Fluss glutflüssigen Werdens erstarrt ist.
Doch hätten die markanten Abstufungen dann in den von den Gletschern verschobenen Schuttmassen nicht irgendwie rundgeschliffen werden müssen wie bei zahlreichen anderen Findlingen? Möglicherweise entstand die Form gar nicht durch Hitze und Druck, sondern durch eine starke Wasserströmung, die den Stein über Jahrtausende geformt haben könnte.
Kein Ende in Sicht
Der Gestaltungsprozess ist, wenn auch nach menschlichen Maßstäben kaum wahrnehmbar, noch immer nicht abgeschlossen. Wind, Wasser und Gletscher künftiger Eiszeiten werden den Findling irgendwann bis auf Sandkorngröße zermahlen haben. So wird er dann zu mineralischem Sediment werden. Doch das ist nicht das Ende. Aus feinstem Sediment werden wieder Steine entstehen.
Foto: Lutz Meyer