Plötzlich ist es da: Das Ereignis, mit dem niemand ernsthaft gerechnet hatte.…
Das Konzept des Daches in Kurzform: Es schützt den Menschen vor den Elementen, insbesondere vor Regen, Schnee und Hagel, vor Nässe, Sturm und Kälte aber auch vor der sengenden Sonne. Die Urform des Daches ist die Höhle.
Höhle, Zelt, Hütte
Sobald der Mensch sich aus dem Umkreis der schützenden Höhle entfernen muss oder in höhlenlose Landschaften einwandert, errichtet er aus Holzstangen und Tierfellen oder pflanzlichen Materialien mobile Höhlen in Gestalt leicht transportierbarer Zelte. Bleibt er länger an einem Ort, beginnt er Hütten und Häuser zu errichten. In seiner Urform besteht das Haus aus einem Dach, gestützt durch Pfosten. Wände entstehen, wenn der Raum zwischen den Pfosten geschlossen wird. Wände geben zusätzliche Sicherheit vor der Witterung und vor wilden Tieren. Ausgesparte Öffnungen in den Wänden wiederum ermöglichen Zugang und den Einfall von Licht. Eine zusätzliche Öffnung im Dach sorgt für den Abzug von Rauch, wenn im Inneren des Hauses ein Feuer entfacht wird. Das Herdfeuer ermöglicht die Zubereitung von Nahrung. Es spendet Wärme und in der dunklen Jahreszeit auch Licht.
Nachbau der Höhle: Dach mit Rauchabzug.
Schutz zu gewähren ist das Konzept des Daches
Das Dach wölbt sich wie eine schützende Hand über das Leben, das sich in der Hütte abspielt. Unter dem Dach finden Liebende zueinander, werden Kinder geboren. Unter dem Dach bereiten die Bewohner ihre Speisen zu, spielen, zanken, feiern, erzählen sich an langen Winterabenden Geschichten. Oft finden auch einige Tiere Platz unter dem Dach. Und wenn das Leben irgendwann seinem natürlichen Ende entgegengeht, wird unter dem Dach auch gestorben. Eine solche Urform einer Behausung, bei der das Dach auch sichtbar dominiert, findet sich auf dem frühmittelalterlichen Sachsenhof nördlich von Greven.
Schilf und Schindel
Reet oder Schilfrohr bietet sich als Material für Dächer an, sofern es feuchte Niederungen, Flussauen, Sümpfe, Seen oder ruhige Meeresarme in der Nähe gibt. Denn nur dort wächst das Schilf in ausreichender Menge. In dichten Lagen auf eine Unterkonstruktion aus Holz gepackt, ergibt Schilfrohr eine hervorragende natürliche Isolation gegen Kälte und Nässe. Allerdings hält es nicht ewig. Einfache Schilfdächer haben eine Lebensdauer von rund 25 Jahren. Werden statt Schilf Holzschindeln zur Dachabdeckung verwendet, kann die Haltbarkeit des Daches bis zu 30 Jahre betragen. Doch das war meist gar nicht nötig.
Dicht gepacktes Schilfrohr schützt vor den Elementen.
Altersgraue, bemooste Schindeln.
Denn die tragenden Stützpfeiler aus Holz halten, wenn sie nicht (das wurde erst später üblich) auf Steinen ruhen, sondern unmittelbar in der Erde stecken, je nach Baumart und Qualität des Holzes meist keine 20 Jahre. Das markierte dann so ungefähr auch den Zeitraum, innerhalb dessen die frühen jungsteinzeitlichen Bauern ohnehin weiterziehen mussten, weil der bestellte Boden ausgelaugt war. Oft nur einige Hundert Meter weiter wurde dann das neue Haus errichtet. So war es üblich, dass jede Gemeration irgendwann in ihrer Lebenszeit einmal ein Haus errichtete.
Überreste solcher Urbauten haben sich kaum bzw. nur in Spuren erhalten, weil Holz und Schilf rasch verrotten. Wenn man etwas findet, was auf eine frühe Behausung hindeutet. sind es eher die Spuren der Löcher für die Stützpfeiler als diese selbst. Auch verrußte Steine des Herdfeuers, Keramikscherben oder hohe Phosphatwerte im Boden, die von den Ausscheidungen der unter dem selben Dach wie die Menschen lebenden Tiere stammen, zeigen an, dass hier einmal vor langer, langer Zeit Menschen ein schützendes Dach errichtet hatten.
Fotos: Lutz Meyer