Die Haselnuss zählt zu den ersten Gehölzen, die Norddeutschland nach der Eiszeit…
Jeder kennt sie, die sogenannten Pfahlbauten vom Bodensee. Seit ihrer Erbauung in den 1930er/40er Jahren ein Touristenmagnet – und mit großer Wahrscheinlichkeit ein historischer Irrtum. Dies durch reine Beobachtung, technischen Sachverstand und logisches Schlussfolgern ziemlich zweifelsfrei belegt zu haben, ist das Verdienst des Archäologen Oskar Paret (1889 bis 1972). Paret wies überzeugend nach, dass es diese Pfahlbauten am Bodensee niemals gegeben hat. Das, was man für die Überreste von Pfahlbauten hielt, sind lediglich die Stümpfe von Wand- und Dachpfosten jungsteinzeitlicher Bauten.
Pfahlbauten: Südsee gleich Bodensee?
Wie aber kam es zu diesem Irrtum? Im 19. Jahrhundert drang die Kunde von Pfahlbauten in der Südsee nach Europa. Sie führte zu der romantischen Überzeugung, dass die jungsteinzeitlichen Bewohner des alten Europas wohl so ähnlich gehaust haben mussten. Bestätigung schien diese Hypothese dadurch zu erhalten, dass man im Bodensee in geringer Wassertiefe und ufernah besagte Überreste von Pfosten fand. Flugs verlängerte man sie über die Wasseroberfläche hinaus und machte sie so zum tragenden Gerüst einer Siedlung auf Stelzen.
Bauern schätzen festen Boden unter den Füßen
Nun waren aber die jungsteinzeitlichen Bodenseeanrainer vor allem Bauern. Wozu also eine Siedlung aufs Wasser verlegen statt am Ufer zu bauen? Während der Bauer also auf dem Wasser gewohnt hätte, wären die Stallungen für seinen kostbarsten Besitz, das Vieh, allein schon aus Gewichtsgründen an Land geblieben. Und selbst, wenn die Bauern überdies noch fischten – es spricht auch für Fischer nichts dafür, auf dem Wasser statt 30 Meter landeinwärts zu wohnen. Die Bewohner der Südseepfahlbauten hingegen hatten gleich mehrere gute Gründe, auf dem Wasser zu wohnen: zum Schutz vor Ungeziefer, Schlangen und Überschwemmungen infolge tropischer Regenstürze. Aber auch zur wohltuenden Abkühlung bei Nacht, wenn der Seewind durch die luftig gebauten Hütten wehte und die Hitze des Tages vertrieb.
All dies gab es am Bodensee nicht. Wohl aber gab es dort kühle Herbst- und Wintertage, gegen die die Bewohner steinzeitlicher Siedlungen in Mitteleuropa sich mit Lehmputz im Flechtwerk der Hütten und Öfen zu wehren wussten. Beides zusammen aber hätte die filigranen Pfahlbauten wohl in die Knie gezwungen.
Lesen macht schlau und bringt Pfahlbauten zum Einsturz
Das Missverständnis kam letztlich dadurch zustande, dass man den Klimafaktor übersah: Damals war der Wasserspiegel des Bodensees deutlich niedriger als heute (siehe Abbildung oben). Und was vor 4.000 oder 5.000 Jahren noch ufernahes Land war, ist heute eben unter Wasser. So reiht Paret Argument an Argument. Natürlich ist das Buch längst aus dem Buchhandel verschwunden. Wer es aber antiquarisch findet, wird seinen Lesespaß haben (Oskar Paret: Das neue Bild der Vorgeschichte). Vielleicht wäre eine Neuauflage reizvoll – allein schon, um dem auf falschen Voraussetzungen beruhenden Pfahlbauten-Tourismus endlich das Wasser abzugraben.