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Beeren, Nüsse und manche Pflanzenöle sollen gut sein fürs Gehirn. Macht solches sogenannte Brainfood das Hirn wirklich leistungsfähiger?

Beliebter Denkfehler

Menschen neigen dazu, Anstrengungen zu vermeiden und suchen nach der bequemen Abkürzung. Anstatt beispielsweise gesund und abwechslungsreich zu kochen, wirft man Nahrungsergänzungsmittel ein. Das geht schneller, macht weniger Arbeit und enthebt einen der Mühsal der Planung. So hofft man, sich trotz Bewegungsabstinenz und einseitiger, nicht selten explizit ungesunder Ernährungsweise gesund und fit zu halten. Ein Irrtum.

Ähnlich ist es mit dem sogenannten Brainfood: Es soll das Hirn leistungsfähig machen. Natürlich sind die in Beeren, Ölen und Nüssen enthaltenen Mineralstoffe, Vitamine, Omega-3-Fettsäuren, Polyphenole und Flavonole unverzichtbar für das Gehirn (wie im Übrigen für jedes andere Organ auch).

Aber diese Nährstoffe allein bewirken keine Leistungssteigerung des Geistes. Genauso wenig wie ein hoher Eiweißkonsum allein für starke Muskeln sorgt. In beiden Fällen muss die Anstrengung, muss der intensive Gebrauch hinzutreten. Im Fall der Muskeln kann das regelmäßiges Krafttraining sein. Im Fall des Gehirns ist es die abwechslungsreiche geistige Tätigkeit. Das sogenannte Gehirnjogging – also die einseitige Wiederholung bestimmter Muster in sogenannten Denksportaufgaben – steigert die Denkkraft nicht, sondern macht das Hirn allenfalls fitter für die Lösung genau solcher Denksportaufgaben.

Was stärkt das Gehirn wirklich?

Je vielseitiger die geistige Tätigkeit, desto besser. Eine Mischung beispielsweise aus sinnentnehmendem (also angestrengtem) Lesen, der Erledigung von Planungsaufgaben, ein paar Logikknobeleien zwischendurch, Nachdenken, regelmäßigen Meditationen, Auswendiglernen eines Gedichts, Musizieren und Gesprächen sorgt dafür, dass neue neuronale Verbindung geschaffen werden. Je unbekannter der Stoff ist, mit dem Geist sich beschäftigt, desto besser. Denn stetes Schleichen auf altbekannten Wegen vertieft nur die Spuren auf diesen Wegen, bahnt aber keine neuen Wege.

Auch das Vermeiden geisttötender Beschäftigung stärkt den Geist. Im Übermaß genossen, dürften sich z. B. TV-Konsum, das Anschauen von TikTok- oder Youtube-Videos und die Lektüre der allermeisten journalistischen Erzeugnisse negativ auf die Hirnleistung auswirken. Auch Gespräche mit Menschen, die es an geistiger Beweglichkeit vermissen lassen, fördern den Geist eher nicht.

Geist in Bewegung

Die besten Ideen entstehen übrigens in der Bewegung: Der Körper in Bewegung bringt auch die Gedanken in Bewegung – der Geist schreitet aus, strengt sich an, nimmt wechselnde Perspektiven ein, erklimmt zuweilen steile Höhen und blickt in tiefste Abgründe. Körperliche Bewegung tut nicht nur dem Nachdenken gut, sondern macht insbesondere Gespräche außergewöhnlich lebendig. Alternativ hilft, wenn das Denken gar nicht in Gang kommen will, eine Dusche – das fließende Wasser kann tatsächlich Denkblockaden lösen und den Geist zum Strömen bringen. Mitunter bringt auch schlichtes Pinkeln den erwünschten Effekt.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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