Skip to content
Herbstmeditation über das Leuchten innerer Billder

Die Frage, ob es die Götter wirklich gibt oder ober sie nur Einbildungen der Seele sind, ist im Grunde müßig. Wir dürfen sogar ganz sicher davon ausgehen, dass sie Einbildungen sind. Doch sind sie wirklich „nur“ Einbildungen? Was ist unter „Einbildung“ zu verstehen?

Einbildung ist nichts willkürlich von meinem Geist Hervorgebrachtes, sie ist nicht subjektiv – die Einbildungskraft kommt nicht aus dem Nichts, wohl aber aus dem Außen. Die Einbildung ist wie ein Abdruck, eine Spur – Abdruck und Spur bezeugen die Anwesenheit von etwas anderem.

Wo eine Einbildung ist, muss es auch ein Bild geben, das eingebildet werden kann, ein Urbild. Wir dürfen auch an eine geprägte Münze denken – die Prägung entstand durch den Prägestock, hinter dem Prägestock steht eine Macht, die der geprägten Münze ihren Wert verleiht. Jede Einbildung, jeder Abdruck, jede Spur und jede Prägung ist eine Antwort auf etwas.

Die Bilder des Göttlichen, die sich in meine Seele eingeprägt haben, machen etwas in mir. Sie haben Strahlkraft, sie bringen mich zum Leuchten. Das teilt sich nicht nur den Augen mit, es teilt sich auch der Sprache mit. Jedes Wort von Gewicht sendet Strahlungen und Schwingungen aus.

Sprache als Medium der Mitteilung kann man gar nicht groß genug denken. Entscheidend ist freilich, was ich mitteile. Teile ich etwas von der Strahlkraft der inneren Bilder mit, ist es gut. Nutze ich Sprache als Transportmedium für Schrott (das ist das, was in Politik und Medien aber auch im banalen Alltagsgespräch passiert), bleibt sie weit unter ihren Möglichkeiten und wird irgendwann selbst zu Schrott. Man halte sich also fern von allen Phrasen, jedem Wortmüll, und öffne sich stattdessen den inneren Bildern und den Urbildern.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.