Die Frage, ob es die Götter wirklich gibt oder ober sie nur…
Es kommt gewollt ästhetisch daher, es will etwas ausdrücken, es ist fast immer trendy, es kostet meist nur wenig – eine wahre Flut mehr oder weniger inspirierter Design- und Deko-Stücke begehrt Einlass in unsere Häuser und Wohnungen und buhlt um Aufmerksamkeit.
Vom Aufmerksamkeitsfänger zum Staubfänger
Die meisten dieser Stücke sind dazu da, toll gefunden zu werden. Man hängt das neu erworbene Schaustück an die Wand, stellt es ins Regal, führt es Freunden vor. Bald schon tritt der Abnutzungseffekt ein. Das Teil steht oder hängt unbeachtet herum, sammelt Staub. Zeit für Ersatz. Die Grenze zwischen ambitionierterem Design und bloß gefälliger Deko ist dabei durchlässig. Der Unterschied zum Souvenir, zum „Andenken“ früherer Generationen, ist der, dass diese Design- und Deko-Stücke meist gar nichts zu denken geben.
Zu viel, zu beliebig, zu nichtssagend, zu seelenlos
Im Alltag ist schon viel zu viel, was von uns gesehen und für wichtig gehalten werden möchte. Warum holt man sich dergleichen auch noch ins Privatleben? Ich neige inzwischen dazu, nur noch das in meiner Umgebung zu dulden, was entweder einen praktischen Nutzen für mein Leben hat oder aber eine besondere Bedeutung, die über den Tag hinaus geht und mit meinem Leben auf besonders.
Das heißt nicht, dass ich in einer total aufgeräumten, sterilen Umgebung mit weißen Wänden lebe – im Gegenteil, unsere Räume sind gut gefüllt, fast überfüllt: Mit Büchern, die gelesen und auch erneut gelesen werden, mit Musikinstrumenten, die gespielt werden, mit Fundstücken vom Strand oder aus dem Wald, mit einigen wenigen Bildern, die an konkrete Situationen oder Lebensphasen erinnern. Dazu dann all die Dinge, die man im Alltag verwendet. Alles ist gesättigt mit Leben. Design oder Deko ohne inneren Bezug zum Leben hat dort keinen Platz, beides ist seelenlos und tot.
Was Platz finden und behalten darf
Ich nehme gern was mit aus dem Wald oder vom Strand. Zum Beispiel dieses mit der Motorsäge grob abgesägte Astloch, das ich eines Tages auf einem Waldweg fand, halb versunken im Matsch. Zu Hause besah ich es eine Weile von allen Seiten und kombinierte es mit einer zufällig in meinen Besitz gelangten Steinkugel, einem Landschaftsjaspis (die Kombination ist oben im Foto zu sehen). Für mich ergibt das ein stimmiges Gesamtbild, es passt irgendwie. Ist das Design? Ist das Deko?
Für mich ist das etwas Lebendiges, gefüllt mit Erinnerung an einen frühen sonnigen Sommermorgen im Wald. Die Kugel hat etwas Planetenhaftes, das sich mit der organischen Materie verbindet. Ein Blick auf die Kombination inspiriert mich mehr als jede noch so kunstvoll lackierte und bearbeitete Oberfläche eines Designerstücks. Es lädt zur Meditation ein. Wenn es mir eines Tages nichts mehr sagt: Den Stein kann ich als Papierbeschwerer (Briefe schreibt ja kaum noch jemand, daher kein „Briefbeschwerer“) praktisch nutzen, das Astlochstück im Garten vermodern lassen.
Foto: Lutz Meyer