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Was läge bei dieser Hitze näher, als sich umgehend ins kühle Nass zu wünschen? Und zwar möglichst ohne störende Hülle, die uns vom Elementaren trennt. Nacktbaden hat eine wechselvolle Geschichte. Mal war es offiziell verboten, mal geduldet, nie war es ganz verschwunden – und immer wieder geriet es zum Zankapfel. So nach der Wende, als Westtouristen FKK-fixierten Ex-DDR-Bürgern das Recht streitig machen wollten, sich an den Stränden Mecklenburg-Vorpommerns unverhüllt zu zeigen.

Neben den seither seltener werdenden reinen FKK-Stränden gibt es an Nord- und Ostsee zunehmend Strandabschnitte, in denen beides erlaubt ist: Wer will, darf ohne. Und wer nicht will, muss nicht ohne, darf aber anderen, die ohne wollen, zuschauen. Wie schön.

Frei oder aufdringlich?

Nun sollte man unterscheiden. Was an Badestränden als Nacktbaden und Nacktsonnen akzeptabel erscheint, wirkt in Fußgängerzonen, Parkanlagen, Wanderwegen und öffentlichen Verkehrsmitteln aufdringlich. Freikörperkultur schlägt leicht in Exhibitionismus um. Dabei geht es gar nicht darum, ob die sich in vollständiger Blöße darbietenden Körper schön oder nicht schön sind. Die Frage ist vielmehr die, ob das Private (im Englischen spricht man von Geschlechtsteilen sinnigerweise als private parts) denn immer in die Öffentlichkeit getragen werden muss.

Die Sucht nach Aufmerksamkeit

Das Private in die Öffentlichkeit zu tragen – davon leben unsere Medien. Je absonderlicher, obskurer und obszöner das medial inszenierte und enthüllte Private irgendeines Prominenten, desto besser für das Geschäft. Mehr Klicks und höhere Auflagen bedeuten nun einmal höhere Werbeeinnahmen. Und findet sich gerade kein enthüllungswilliger aktueller oder ehemaliger Prominenter, findet sich schon irgendein Niemand, der bereit ist, für ein paar Minuten fragwürdigen Ruhms sein Innerstes nach außen zu kehren und faktisch oder sinnbildlich die Hosen herunterzulassen.

Kompromiss zur Güte

Dieses „Sehen und gesehen werden“ steht im seltsamen Kontrast zur selbstgenügsamen Freude, das salzige Nass nach dem Bad von Wind und Sonne trocknen zu lassen und dabei ein wenig die Wärme zu genießen – unbeschwert von nassen Badeklamotten, unbehindert durch wehende Badelaken oder sperrige Bademäntel. Das aber kann man auch allein oder im überschaubaren Kreis genießen – selbst an den stark frequentierten Küsten Deutschlands und Dänemarks finden sich meist nur wenige Hundert Meter von den touristischen Hauptstränden entfernt einsame Strandabschnitte.

Foto: Lutz Meyer

 

 

 

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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