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Das Erotische in der Natur

Das Erotische in der Natur ist allgegenwärtig. Nicht, weil Schäferstündchen gern im Wald und auf der Heide stattfinden. Nicht, weil der nackte Körper in der Natur seit jeher Gegenstand der Kunst ist. Das Erotische in der Natur ist auf ganz konkrete Weise anwesend: Jede Befruchtung einer Blüte, jedes Keimen eines Samenkorns, jeder frisch aus dem Ei geschlüpfte Jungvogel zeugt vom Erotischen. Der schleimige Froschlaich, der dröhnende Balzruf der Rohrdommel: Pure Erotik. Es wird Zeit, über den Begriff des Erotischen nachzudenken.

Das Erotische in der Natur ist Geist

Das Erotische ist ein universales Prinzip. Ist Geist. Der erotische Geist durchdringt die Natur im Ganzen, ist überall dort, wo Leben ist. Das Erotische IST Leben. Insofern Natur das Belebte ist und das Erotische das Prinzip des Lebens, wird klar: Eros ist von Natur nicht zu trennen. Eros ist das wirkende Prinzip in allem., was ist. Und Natur ist der sichtbare Ausdruck dieses Wirkens.

Allgegenwart des Erotischen

Nicht nur in Blatt und Beere, auch im unscheinbar unbelebten Teil der Natur wirkt das universale erotische Prinzip. Selbst ein Stein ist Teil des Erotischen, weil in den Prozess des Werdens und Vergehens eingebunden. Nur das Zeitmaß ist ein anderes. Besonders präsent ist das Erotische in der Natur dort, wo es feucht zugeht. Das Feuchte schlechthin finden wir im Reich Neptuns, im fortwährenden Zeugen in den Weiten und Tiefen der Ozeane. Aphrodite, Göttin der Liebe, der Schönheit, der Lust und der Fruchtbarkeit, ist meergeboren.

Ein in die Tiefe sehendes Auge braucht es

Nicht jeder ist in der Lage, das universale Prinzip des Erotischen in der Natur zu erkennen. Das Auge des modernen Naturwissenschaftlers sieht es nicht. Hier geht es um Biochemie, um Formeln, Moleküle, Reaktionen – sterile Laboratmosphäre ist Eros fremd. In den naturwissenschaftlichen Betrachtungen Goethes hingegen ist das Naturerotische in jedem Wort präsent. Das Auge des Gärtners kann es sehen – aber nur dann, wenn der Garten ihm mehr ist, als Arbeit, die getan werden muss.  Betrachtet der Gärtner den Garten mit liebendem Auge, erfasst er den Eros. Das Auge des Künstlers kann das Erotische in der Natur ebenfalls sehen, sofern der Künstler in der Lage ist, durch die Erscheinung hindurch auf den Grund zu blicken. Weder dem rein dekorativ tätigen Künstler noch dem auf die Abstraktion abzielenden Künstler offenbaren sich universale Prinzipien.

 

Foto Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.