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An einem Tag, als mir wenig nach Lachen zu mute war, begegnete mir ein Schmunzelstein. Er war weiß, klein, trug eine Mütze und ein etwas schiefes Gesicht mit roten Bäckchen. Der bemalte Kieselstein steckte zusammen mit einer Geschichte in einem kleinen Nylonsäckchen. Es war die „Legende der Schmunzelsteine“.

Grob zusammengefasst geht es darum, dass ein Volk kleiner, fröhlicher Leute den Brauch pflegte, mit lachenden Gesichtern bemalte Steine zu verschenken. Jeder sammelte, bemalte die Fundstücke und verschenkte sie mit Freuden weiter. Ein übler Geselle, der in der Nähe des Dorfes wohnte, war neidisch auf die Fröhlichkeit und Herzlichkeit der Dorfbewohner. Also schmiedete er eine Intrige. Er redete einem der Dörfler, Peer, ein, dass nicht das Verschenken glücklich mache, sondern das Behalten der Steine. Alsbald verschenkte niemand im Dorf mehr Kiesel, sondern hortete sie in Schubladen, Kisten, Schränken und Tresoren. So ging das viele Jahre, bis eines Tages Peer, inzwischen ein betagter Großvater, seinem Enkel die Geschichte der Schmunzelsteine erzählte. Den Enkel berührte die Erzählung. Als er eines Sonntags ein paar Steine am Fluss fand, malte er Gesichter darauf und gab sie seinen Freunden. Somit war der alte, beinahe vergessene Brauch wiederbelebt – und auch die Freude am Teilen kehrte zurück. Die Dörfler „fingen auch an, Schmunzelsteine zu verschenken. Und so wurden es wieder mehr und mehr.“

Ein Bad im Kaffee

Als jemand, der Märchen liebt, las ich die Geschichte meinen Kindern noch am gleichen Nachmittag vor. Sie lauschten andächtig und betrachteten „unseren“ Schmunzelstein von allen Seiten. Leider ereilte das kleine Ding dabei ein verhängnisvolles Schicksal: Es rutsche aus den Fingern und landete im Milchkaffee. Nur einer schnellen Rettungsaktion und der offenbar wasserfesten Farbe ist es zu verdanken, dass das Steingesicht weiterhin lächelt und seine rote Mütze trägt. Allerdings sieht es seit dem Missgeschick leicht bräunlich aus, so als hätte es ein paar Tage Sommerurlaub am Strand hinter sich. Hat man es vorher nicht gesehen, fällt das aber nicht weiter auf. Der Milchkaffee-Unfall jedenfalls bewirkte bei uns mehr als die moralisch angehauchte Schmunzelgeschichte jemals gekonnt hätte: Wir saßen an unserem Tisch im Café und lachten so laut, dass sich die anderen Gäste neugierig nach uns umdrehten. Noch Stunden später prusteten wir los, wenn einer von uns den kleinen Zwischenfall auch nur erwähnte.

Schönheiten der Natur

So nahm der Tag, der früh morgens grau begonnen hatte, für mich doch noch ein fröhliches Ende. Und der Schmunzelstein? Er wird einen Platz in unserer Vitrine bekommen, weil er mich an einen lustigen Nachmittag mit meinen Kindern erinnert. Selbst Kiesel bemalen, mit einem netten Spruch oder der „Legende der Schmunzelsteine“ in einen Beutel zu stecken und zu verschenken, liegt mir aber nicht. Ich mag Steine lieber so, wie die Natur sie geschaffen hat. Wenn man sieht  aus welchen Gesteinsschichten sie stammen, manche mit Kristallen im Inneren, andere mit deutlichen Spuren, die Wind, Wasser oder Eis hinterlassen haben.

„Die Legende der Schmunzelsteine“ zum Nachlesen.

 

Foto: Nicole Hein

Nicole Hein ist freie Journalistin und Autorin mit den Schwerpunkten Gesundheit, Steuern, Lebensart & Wohnen.

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