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Ich kann nicht anders. Kaum bin ich im Norden unterwegs, muss ich suchen. Versteinerungen. Steinzeitliches. Eiszeitliches Geschiebe jeder Art. Das ist seit Kindertagen so. So auch bei meinem jüngsten Fehmarn-Aufenthalt. Dabei mustere ich mit geschulten Augen nicht nur das, was sich am Strand oder auf dem Acker findet. Ich halte auch öfter an den Steinhaufen an, die Bauern am Rand ihrer Äcker über Jahrzehnte zusammengetragen haben, weil die Steine sich bei der Bodenbearbeitung als lästig erwiesen hatten. Dabei wühle ich mich manchmal bis ganz an den Grund solcher Haufen durch. Vor Jahren hab ich bei einer solchen Gelegenheit bei Bliesdorf schon mal ein Steinbeil gefunden, das ein Bauer offenkundig nicht als solches erkannt hatte. Oder dem es schlichtweg egal war.

Der Schatz vom Köppelberg

Dieses Mal waren es drei Steinhaufen am Köppelberg, einer alten Hinrichtungsstätte unweit des Ortsausgangs von Petersdorf an der Straße nach Dänschendorf, die meine Aufmerksamkeit erregten. Zuerst fiel mein Blick auf einen versteinerten Seeigel. Dann mehrere Kreideaustern. Es folgten ein kleiner Ammonit. Versteinertes Holz. Diverse Calcit-Stufen. Versteinerte Korallen. Steinkugeln aus Gletschermühlen. Weitere Seeigel. Ich trug wie im Rausch an die drei Dutzend Stücke zusammen und verfrachtete sie ins Auto. So viel Finderglück in nur 10 Minuten! Ein Schlaraffenland für den Sammler.

Des Rätsels mutmaßliche Lösung

Auf der Weiterfahrt geriet ich ins Grübeln. Wieso hatte der Bauer die Stücke achtlos auf den Haufen geworfen? Und wieso gab es auf diesem einen Acker so viele beachtliche Funde? Und warum hatte der Bauer sich die Mühe gemacht, nicht nur dicke Brocken, sondern auch geradezu filigrane Teile, die keinen Pflug stören konnten, aufzusammeln und auf den Haufen zu werfen? Dann traf mich jäh der Blitz der Erkenntnis: Ich war der Wiederentdecker einer alten Sammlung, an der kein Interesse mehr bestanden hatte. Vielleicht war der Sanmnler verstorben und seine Erben konnten mit all den Schätzen nichts anfangen. Anstatt sie aber herzlos in die Mülltonne zu kippen, entsorgten sie sie immerhin halbwegs pietätvoll auf einem Steinhaufen.

Blick in die Zukunft

Kein Sammlerleben währt ewig. Irgendwann werden meine Kinder all diese steinernen Hinterlassenschaften erben. Und all die anderen Steine, die ich im Laufe meines Leben zusammengetragen habe, ebenfalls. Was werden sie wohl damit anfangen? Wird eines von ihnen die Sammlung fortführen? Werden sie versuchen, die Sachen auf Ebay zu verhökern? Oder entsorgen? Dann aber bitte nicht in den Müll, liebe Kinder, sondern so, dass irgendein anderer Sammler sich noch daran erfreuen kann. Zum Beispeil auf einem dieser Steinhaufen am Köppelberg auf Fehmarn.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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