Skip to content

Mag sein, dass „Gast“ und „Gastronomie“ in keinem etymologischen Zusammenhang stehen. Dennoch kommt das Wort Gast im Wort Gastronomie vor. Daran sollte sich erinnern, wer als Wirt voller Bangen auf den Jahreswechsel starrt: Die Bundesregierung möchte ab Januar den zeitweise abgesenkten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie wieder auf 19 % anheben. Welcher Gast kann oder will das nach all den vorangegangenen Preiserhöhungen noch bezahlen? Im Gastgewerbe tätige Betriebe befürchten weitere massenhafte Schließungen.

Krise nach Hausmacherart

Natürlich kann man den Gastronomen nicht durch die Bank weg vorwerfen, mutwillig an der Preisschraube gedreht zu haben: Energie- und Einkaufspreise, Mieten, Personalkosten – alles wurde schließlich teurer in den letzten Monaten. Diese Kosten müssen allein schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen an den Gast weitergereicht werden.

Dennoch hat auch mancher Gastronom seinen Anteil am Elend. In vielen Lokalen, Cafés und Restaurants musste man sich als Gast an einen eher schlechten Service gewöhnen: Lange Wartezeiten und zuweilen unaufmerksames bis unhöfliches Personal. Grund ist ein Mangel an qualifiziertem Personal. Während der Corona-Schließungen haben viele in der Gastronomie Beschäftigte sich offenkundig krisenfestere Jobs gesucht. Folge: Man hat es überwiegend mit Aushilfen zu tun, rasch und notdürftig Angelernten, die wegen der Arbeitsbedingungen nicht länger bleiben, als unbedingt nötig. Ein oft unterdurchschnittlicher Service zu hohen Preisen aber stößt manch einem Gast sauer auf. Spezielle Arrangements wie das sprichwörtliche „Draußen nur Kännchen“ tun ein Übriges. Doch das ist noch nicht einmal das eigentliche Problem.

In den letzten Jahrzehnten wurde es üblich, „Erlebnisgastronomie“ zu bieten und nach immer neuen Gastronomiekonzepten zu fahnden. Nicht, dass sonst alle Gäste weggeblieben wären. Aber mit etwas mehr Schnickschnack drum herum ließ sich auch vergleichsweise Profanes zu etwas deftigeren Preisen verkaufen. Das wird künftig nicht mehr funktionieren (von der Edelgastronomie vielleicht abgesehen, deren Klientel die Geldsorgen der Normalos ziemlich schnuppe oder gänzlich unbekannt sind).

Die Lösung?

Der Weg aus der Krise ist vielleicht ganz einfach: Eine Rückbesinnung auf den ursprünglichen Sinn der Gaststätte. In gemütlicher Atmosphäre satt zu werden, den Durst zu löschen und mit anderen Gästen zu plaudern – darum geht es. Warum bietet man nicht ausschließlich einfache, sogenannte „ehrliche“ Speisen an, diese aber in guter Qualität und zu zivilem Preis. Und davon dann nur 8 oder 10 Gerichte zur Wahl, nicht 30 oder 40. Man setze selbstbewusst auf Schlichtheit: Eine nach Hausfrauenart hergestellte Frikadelle kann es mit jedem Rinderfilet aufnehmen, kostet aber nicht einmal ein Drittel.

Gute Qualität kommt nicht so sehr durch teure oder exotische Zutaten zustande, sondern eher durch Weglassen des Überflüssigen – und nicht zuletzt den Einsatz soliden Kochgeschirrs, etwa schwerer Eisenpfannen und Bräter. Die Mikrowelle kommt auf den Elektroschrott, auf Dosen wird weitgehend verzichtet. Und: Man mache künftig nicht mehr jede Mode mit – wer sich unbedingt vegan ernähren möchte und überdies auf Kochgeschirr besteht, das nie mit Fleischlichem in Berührung gekommen ist, mag wegbleiben. Kommen – und wiederkommen – werden dann vor allem ganz normale Menschen. Ohne Allüren, aber mit gesundem Appetit auf Handfestes und mit Verstand Zubereitetes. Schwieriger bleibt wahrscheinlich die Suche nach gutem Personal. Womöglich kann auch hier eine Rückbesinnung weiterführen: in einem Familienbetrieb arbeiten traditionell alle mit.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

Dieser Beitrag hat 0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar