Organische Materie muss nur lange genug irgendwo liegen bleiben – und sie…

Kreativ sind nicht nur wir Berufskreative, also Texter, Designer, Künstler. Kreativ sein kann man in jeder Lebenssituation. Denn Kreativität kann alles zum Besseren verändern: Leben, Lieben, Arbeiten, Gesundheit, Kochen, Gartenarbeit. Alles eben. Aber eine Anleitung zur Kreativität? Und dann auch noch kurzgefasst? Kann das gut gehen? Versuchen wir’s doch einfach mal.
Vorbereitungsphase
- Zwang und Zeitdruck sind die größten Feinde der Kreativität. Je schneller du etwas erreichen willst, desto eher wirst du scheitern. Auf Biegen und Brechen geht es nicht. Wie aber dann? In den Reden und Gleichnissen des Tschuang-Tse gibt es ein hübsches Stück, überschrieben mit „Die Perle“. Es geht darum, dass der Gelbe Kaiser einmal seine Lieblingsperle verloren hatte. Er sandte Erkenntnis aus, um sie zu finden. Erkenntnis fand sie nicht. Er sandte Klarsicht aus, danach Denkgewalt. Auch sie fanden die Perle nicht. Zu guter Letzt sandte er Absichtslos aus. Und ausgerechnet Absichtslos fand die Perle.
- Bewegung bewegt auch Gedanken und Empfindungen. Bewegung schärft die Wahrnehmung, macht einen klaren Kopf. Am besten ist die Bewegung in der Natur. Hier sind wir von anderer Bewegung umgeben: Ziehenden Wolken, im Wind bewegten Zweigen und Blättern, tanzenden Schmetterlingen. Gehe, laufe, tanze!
- Tue Dinge, die eigentlich gar nichts mit der Aufgabe zu tun haben, die du zu lösen hast: Löse dich von allem, dann findest du die Lösung. Gehe raus, beobachte Menschen, lass ein Kunstwerk auf dich wirken, trete in eine neue, dir bislang unbekannte Situation ein. Spüre, fühle, reflektiere.
- Mach dir bei allem eine kindliche Neugier zu eigen: Staune. Frage. Probiere etwas Neues aus. Sei unbefangen. Spiele!
Die vorbereitenden Punkte sind nicht nur eine situative Übung zur Steigerung deiner Kreativität, sie sind vor allem ein Lebensstil. Je mehr du auf diese Weise lebst, desto besser wird dir die Umsetzung einer konkreten Aufgabe gelegen, für die Kreativität erforderlich ist.
Umsetzungsphase
- Sammle Informationen, auch solche aus den Randbereichen deiner konkreten Aufgabe. Gerade hier macht man oft überraschende Funde. Sei neugierig. Befrage nicht einfach nur eine Suchmaschine oder eine KI – nimm auch ganz altmodisch Bücher zur Hand. Der Umgang mit Büchern vermittelt – anders als der Umgang mit elektronischen Medien – unmittelbare sinnliche Erfahrung. Sinnliche Erfahrung ist Nahrung für deine Kreativität.
- Bist du mit Informationen gesättigt und in guter Stimmung, fokussiere dich nun auf das Thema. Schalte alles ab, was stört, nervt, einschränkt. Dazu gehören auch Glaubenssätze, Vorurteile und Denkverbote.
- Übe den ständigen Perspektivenwechsel. Nimm auch die Gegenposition ein. Betrachte das Objekt von allen Seiten. So findest du Schwachstellen und Möglichkeiten der Optimierung.
- Fertig? Abstand einnehmen. Ruhen lassen. Reifen lassen. Raum geben.
- Schaffenspause – keine Faulheit. Sondern Zeit der Öffnung und Inspiration. Wiederum absichtslos. Und am besten im Freien.
Foto: Lutz Meyer