Plötzlich ist es da: Das Ereignis, mit dem niemand ernsthaft gerechnet hatte.…
Als die Nationalsozialisten 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ Werke von Künstlern zeigten, die ihnen aus irgendeinem Grund (jüdischer Herkunft, ein der NS-Weltanschauung nicht entsprechendes Menschenbild) nicht genehm waren, geschah dies aus pädagogischer Absicht. Die Machthaber wollten aller Welt zeigen, was und wie Kunst fürderhin nicht sein sollte. Die aktuelle Otto Mueller-Ausstellung im LWL Landesmuseum zu Münster erinnert in ihrem Bestreben, dem Künstler ein sexistisches Frauenbild und ein rassistisches Menschenbild nachzuweisen, auf fatale Weise an das nationalsozialistische Ausstellungskonzept – sie zeigt sozusagen“Entartete Kunst aus woker Sicht“. Und tatsächlich: Otto Mueller gehörte auch damals schon zu den Verfemten – damals undeutsch, heute unwoke. Wir – meine Frau und ich – haben den Sonntag, wie es sich gehört, jedenfalls den Künsten gewidmet und waren im Museum.
Heiter-unbeschwerte Sommertage
Otto Mueller malte und zeichnete gerne nackte Mädchen- und Frauenkörper, meist in natürlicher Umgebung: beim Baden, im Wald, am See. Er stellte den weiblichen Körper dabei durchaus idealtypisch dar: Schlank, jugendlich und wohlgeformt, also nicht etwa im 4XL-Format und möglichst verhässlicht, wie es heute oft üblich ist. Des Weiteren malte er Zigeunerinnen und – einer Mode der Zeit entsprechend – junge Frauen aus der Südsee. Wer sich vor dem Weiterlesen einen kurzen Einblick in das Werk Otto Muellers verschaffen möchte, findet einiges auch auf der Internetseite des Brücke-Museums. Nacktheit ist bei Otto Mueller fernab jeglicher Pornographie und frei von Voyeurismus. Diese Bilder haben das Leichte und Unbeschwerte eines heiteren Sommertages (und sind somit besonders an grauen, nasskalten Spätherbsttagen eine willkommene Aufhellung).
Entartete Kunst aus woker Sicht: Rassistisch, sexistisch, kolonialistisch
Die Kommentierung von Kunstwerken in Ausstellungen sollte sich auf die Nennung des Künstlernamens und des Entstehungsjahres des Kunstwerks beschränken – und dem Betrachter nicht vorschreiben, wie er das Kunstwerk wahrzunehmen hat. Diesen Grundsatz hat das LWL Landesmuseum gründlich missachtet: Neben den Bildern Otto Muellers finden sich kritische Begleittexte aus woker Sicht. Man merkt diesen pädagogischen Zugaben an, dass es den „Macher:innen“ der Ausstellung eigentlich lieber gewesen wäre, diese Kunstwerke nicht zu zeigen. Aber wie sollen die Volks- pardon: Zeitgenoss:innen denn sonst begreifen, was an diesen Bildern, was an diesem Maler so verurteilungswürdig und anstößig ist? Die „Macher*innen“ kommentieren ihr Tun übrigens selbst:
Die Sprache der Begleittexte zu den Werken ist selbstverständlich gendergerecht, kultursensibel, antirassistisch, antisexistisch und so woke und tendenziös wie irgendwie möglich. Die Ausstellung lässt sozusagen kein Stereotyp woker Meinungsmache aus. Sogar das Wort Zigeuner in den Original-Werktiteln ist schwarz gebalkt. Es scheint so, als wäre es die Absicht des Museums gewesen, den Besuchern der Ausstellung die Freude an den Bildern gründlich zu vergällen. Was ihnen bei uns freilich nicht gelungen ist – wir haben uns im ersten Durchgang dem unbeschwerten Kunstgenuss hingegeben und in einer zweiten Betrachtungsrunde die woke Kommentierung einer amüsierten ideologiekritischen Betrachtung unterzogen.
Das grundwahre Diktum des Donald Trump „Everything woke turns into shit“ stimmt – die peinlich-belehrenden Bestrebungen dieser woken Institution des Kulturbetriebs sorgen dafür, dass man sie hinsichtlich ihrer Kompetenz in Fragen der Kunst genauso wenig ernst nehmen kann wie vormalig das Kunstverständnis der Nationalsozialisten. In ihrer Gefährlichkeit unterschätzen sollte man freilich weder die einen noch die anderen.
Dennoch: Die Ausstellung lohnt sich!
Wir empfehlen den Besuch dieser Ausstellung also aus doppeltem Grund: Zum einen wegen der wirklich sehr sehenswerten Bilder von Otto Mueller. Zum anderen der Selbstentblößung des woken Kulturbetriebs wegen. Man kann vor Ort auch den Ausstellungskatalog erwerben – sinnvoll, um den woken Wahn unserer Tage für spätere Zeiten zu dokumentieren. Wer Otto Mueller lieber unbelastet von Zeitgeistschrott genießen möchte, dem seien frühere Katalogausgaben wie die bei Hirmer erschienene zu Ausstellungen der Jahre 1996/1997 empfohlen. Mit etwas Glück antiquarisch noch zu finden und zu günstigem Preis zu erwerben.
Zur Ausstellung: Sie ist noch bis zum 2. Februar 2025 zu sehen.
Foto: Lutz Meyer