Als die Nationalsozialisten 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ Werke von Künstlern…
Müll kann durchaus etwas Ästhetisches an sich haben. Nicht umsonst gibt es Kunstwerke aus Schrott, Abfall oder Gerümpel. Als Pionier dieser Kunstrichtung gilt Marcel Duchamp, der ein Pissoir zur Kunst erklärte. Unvergessen ist auch Josef Beuys, dessen Fettecke ein unbedarfter Hausmeister kurzerhand wegputzte. Ich bin neulich in ein ganzes Wäldchen voller unfreiwilliger Junk Art gelaufen. Eigentlich war es als Schulwald der angrenzenden Schule gedacht. Im Eingangsbereich hatte jemand einen breiten Holzsteg gebaut, die Kinder hatten sich an einfachen Hütten aus Baumbusgehölz versucht und dem Unterholz durch zauberhafte selbstgebastelte Elfen etwas Magisches verliehen.
Graffiti bringt es auf den Punkt
Doch wenn man wie im Märchen von Hänsel und Gretel den vorgegebenen (Holz-)Weg verließ und auf matschigen Pfaden tiefer in den Wald eindrang, schlug die idyllische Stimmung mit jedem Schritt um. Es mehrten sich Kronkorken, Scherben und Verpackungen von Chipstüten, Keksen und Zigaretten. Noch ein paar Meter weiter fand ich ein ausgeweidetes Fahrrad. Übrig geblieben war nur noch der nackte Rahmen, zu dem eine Spur aus verrostetem Werkzeug führte. Die Übeltäter hatten mit Sicherheit nichts Künstlerisches im Sinn, doch so wie die Einzelteile drapiert waren, hätte es durchaus einem Marcel Duchamp oder Josef Beuys zu Ehren gereicht. In Sichtweite befand sich auf einer Lichtung ein Pavillon mit Grillplatz, allerdings aus Holz – und nicht aus Brot, Kuchen und Zucker. Hier herrschte das Chaos, von Ästhetik keine Spur, vielmehr glich das Innere der Hütte einer Müllkippe. Allerdings war das nicht nur mir aufgefallen, sondern auch zuvor schon anderen Leuten. Denn an der hinteren Wand prangte das Graffiti: „Clean up!! And enjoy to stay …“ Dieses Statement wiederum brachte die Problematik so treffend auf den Punkt, dass ich begeistert war. Denn auch die richtigen Worte zu finden, ist eine Kunst.
Fotos: Nicole Hein