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Die Farbe Grau wird gern mit dem Meer in Verbindung gebracht. Oder mit der Langeweile. Abgesehen davon, dass grau eine ganz besondere Lebendigkeit hat, kennt das Meer noch viele andere Farben. Ich bin an der Ostsee aufgewachsen und muss es wissen. Die Ostsee ist schwarz bei bedecktem Himmel von der Brücke eines Schiffes aus, lichtgrün beim sommerlichen Bad, blaugrün vom Strand aus, stahlblau vom hohen Ufer aus, weiß schäumend bei Sturm, silbern glitzernd im Mondschein. Und ich kenne sie grau.

Viele Menschen verbinden das Graue mit Eintönigkeit, Langeweile, regentrüber Stimmung. Tatsächlich hat die Farbe Grau unendliche viele Schattierungen, es gibt warme wie kalte Grautöne. Ihre besonderen Reize entfalten Grautöne aber im Zusammenspiel mit anderen Farben – wie hier das Himmelsgrau und das Sandgrau des Strandes mit dem Weiß des Fahnenmastes oder dem Blaugrün der See. So ein Anblick schafft Tiefe, Weite und Lebendigkeit.

Ähnlich verhält sich auch das stimmungsmäßige Grau: Es gibt eine Eintrübung des Gemüts, die durch kleine, banal erscheinende Ereignisse auf einmal Aufheiterung erfährt. Die Stimmung wid licht und leicht, das Leben kehrt zurück – etwa durch die Töne eines Musikinstruments, einen ordentlichen Kaffee nebst Gebäckstück oder wenn unverhofft ein lieber Mensch den Raum betritt. Nichts davon wär so umwerfend schön, hätte es das Graue nicht gegeben.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.

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