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Fortschritt

Fortschritt ist das Mantra der westlichen Zivilisation. Technik, Medizin, alle Lebensbereiche – was dem Fortschritt dient, gilt prinzipiell als gut. Was ihm im Wege steht, ist abzulehnen. Fortschritt ist noch immer die heilige Kuh, das Nichthinterfragbare. Wer ihn dennoch hinterfragt, gilt als Fortschrittsfeind.

Zwar gibt es eine geduldete Kritik, doch die ist nicht radikal, sondern wägt unterschiedliche Auslegungen des Fortschrittsgedankens gegeneinander ab – fortschrittliche Verfahren etwa, die die Umwelt belasten, sind weniger gut als ein umweltfreundliches Voranschreiten der Technologie. Doch gibt es überhaupt so etwas wie Fortschritt?

Die moralische Komponente

Es gibt Veränderung – der Zustand A ändert sich, wird zum Zustand B. Die Veränderung ist real. Aber warum sollte sie als Fortschreiten hin zu einem hehren Ziel und damit positiv bewertet werden wie etwa der sogenannte gesellschaftliche Fortschritt? Gesellschaftlicher Fortschritt meint die Auflösung einer althergebrachten Form des Zusammenlebens zugunsten neuer Formen. Die neue Form ist anders, aber durch das Anderssein nicht notwendig besser.

Dasselbe gilt auch für den technologischen Fortschritt: Heute reist man mit Flugzeugen um die ganze Welt – das ist anders, aber ist es auch besser als die langsameren Reiseformen früherer Zeiten? Warum bewertet man das Neue als besser? Dieses Besser ist nie nur im Sinne einer objektiven Verbesserung gemeint, sondern hat zugleich eine moralische Note. Deshalb auch die Stigmatisierung derjenigen, die Veränderungen kritisch sehen oder ablehnen, als Fortschrittsfeinde. Der Feind ist der schlechthin Andere, den es bis zum Letzten zu bekämpfen gilt.

Medizin

Gern wird der medizinische Fortschritt herangezogen, wenn es darum geht, neue Technologien als segensreich auszugeben. Gewiss gibt es heute vielfältigere und feinere Behandlungsmethoden, hochentwickelte Bildgebungsverfahren lassen keinen Quadratmillimeter des menschlichen Körpers unerforscht, KI-gesteuerte Roboter werden bald anstelle von Ärzten Operationen ausführen. Was man gern übersieht: Viele der Behandlungen werden überhaupt erst notwendig, weil der technologische Fortschritt Erkrankungen auslöst. Sterbefälle durch ärztliche Falschbehandlung, durch tödliche Medikamente und Verfahren werden in der Statistik kaum detailliert aufgeführt, dürften aber einen Großteil heutiger vorzeitiger Todesursachen ausmachen. Geheilt wurde auch früher erfolgreich, als man den Fortschritt noch nicht idealisierte. Es geschah mit den Mitteln, die der Mensch in der Natur vorfand.

Miteinander

Der Unterschied von Frau und Mann ist eine biologische Grundtatsache. Das wird heute zugunsten einer Fortschrittsideologie in Abrede gestellt, nach der er eine Frage der Selbstbestimmung sei. Diese Meinung gilt als fortschrittlich und moralisch überlegen. Tatsächlich erkennt man hier nur ein Fortschreiten hin zu einer zivilisatorischen Auflösung, nicht aber zu einer Verbesserung. Dennoch wird diese Meinung mit einem moralischen Furor verteidigt, wie er Todfeinden gebührt.

Doch die Zeiten ändern sich. Dass Fortschritt letztlich eine Illusion ist, die die Dinge eher zum Schlechteren als zum Besseren wendet, wird an vielen Stellen imemr deutlicher:  Tödliche Gen-Therapien, Natur- und Landschaftszerstörung durch sogenannte erneuerbare Energien, Kulturzerstörung durch die geplante und willkürliche Verschiebung von Menschenmassen, krankmachende Lebensmittel und eine Abtötung von Gefühl und Intellekt durch ein mediales Überangebot sind eindeutige Belege dafür, dass Fortschritt ein Synonym für Tod und Zerstörung ist. Betrachteten wir Veränderungen neutral, würden wir Nutzen und Nachteile sorgfältig abwägen, würde manch eine willkürliche geplante Veränderung unterbleiben.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.