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Formen des Lachens: Das Lachen der Aphrodite

„Das homerische Gelächter“ von Lovis Corinth enthält ein interessantes Detail, das mir zunächst entgangen war. Das in flagranti erwischte göttliche Pärchen Aphrodite und Ares sieht sich dem Gespött und Gelächter der anderen Götter ausgesetzt. Ares reagiert, wie man es erwarten darf: Wütend, verdrossen, abwehrend. Aber Aphrodite?

Das Lachen der Aphrodite

Aphrodite scheint die Situation nicht gänzlich unangenehm zu sein. Zwar bedeckt sie ihre Augen, aber nicht ihre Nacktheit. Und sie lacht. Was für ein Lachen ist das? Man kennt das verlegene Lachen, aber das kann ich hier nicht einmal im Ansatz erkennen. Es scheint eher ein amüsiertes Lachen zu sein – sie nimmt teil an der Situationskomik und fügt sich in die Lage. Sie mag vielleicht denken: „Bei den Göttern, das ist jetzt echt richtig peinlich. Aber was soll’s, da steh ich drüber…“. Erst kichert sie, dann steigt das Lachen glucksend empor.

Aber kennt sie denn gar keine Scham? Nein, wie auch? Aphrodite ist die Göttin der Schönheit, der Liebe, der Sexualität – geboren aus dem Schaum, der entstand, als das mit Blut und Sperma angefüllte abgetrennte Glied des Uranos in die salzigen Meeresfluten fiel. Bei einer solch drastischen, alles andere in den Schatten stellenden Herkunft – wie sollte man sich da noch für irgendwas schämen?

Andere Formen des Lachens

In das Lachen der Götter könnte sich ein Schuss Schadensfreude mischen – ja, auch die Freude am Ungemach anderer kann zum Lachen führen. Die schöne, verführerische Aphrodite, von allen um ihre Schönheit beneidet – hier wird sie mal richtig vorgeführt. Lustig.

Oder amüsieren sich die Götter über den armen, hässlichen, hinkenden und betrogenen Hephaistos? Doch der hat den Seitensprung seiner Frau ja überhaupt erst öffentlich gemacht, indem er dem Liebespaar eine Falle stellte und die anderen Götter herbeirief, um sich an der Situation zu weiden. Nun gibt es ja die Redensart, dass, wer anderen eine Grube grabe, selbst hineinfalle. Und reizt nicht der Hahnrei am meisten zum Spott?

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.