Uralten indischen Traditionen folgend, lassen sich im Menschen unterschiedliche Chakren bzw. Energiezentren…
In seiner Vorrede zu der Sammlung „Bunte Steine“ aus dem Jahr 1853 schreibt der Schriftsteller Adalbert Stifter:
„Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen der Getreide, das Wogen des Meeres, das Grünen der Erde, das Glänzen des Himmels, das Schimmern der Gestirne halte ich für groß.“
Ich finde diesen Satz, diesen Gedanken großartig. Vor allem in einer Zeit, in der pöbelhafte Lautstärke, das schier endlose Gequassel über Nichtigkeiten, Aufgeregtheit bis zur Hysterie den Ton angeben. Da ist es kein schlechter Ratschlag, sich von all dem abzuwenden und das Augenmerk auf das zu richten, was über die Widrigkeiten und Dummheiten der Gegenwart hinaus Bestand haben wird. Nicht allein in der Natur gibt es dieses andere. Selbst in der Küche, beim Zubereiten eines Milchkaffees ist es anwesend:
„Die Kraft, welche die Milch im Töpfchen (…) empor schwellen und übergehen macht, ist es auch, die die Lava in dem feuerspeienden Berge empor treibt, und auf den Flächen der Berge hinab gleiten läßt.“
Also: Nicht fluchen, wenn das nächste Mal die Milch überkocht und dir den Herd versaut. Genieße es. Bestaune es. Demm du wirst gerade Zeuge eines Vulkanausbruchs en miniature!
Adalbert Stifter wird bekanntlich dem Biedermeier zugerechnet, einer Epoche, die durch den Rückzug ins Private gekennzeichnet ist, durch Desinteresse am Debattieren, durch innere Einkehr – man ist sich selbst genug, hegt und pflegt das Eigene, geht im Nahen und Nächsten auf. Man stößt dabei auf allerlei Wunderlichkeiten. Hinter denen aber findet man das Wunder selbst – das Wunder, das etwas ist.
Der Jetztmensch schaut voller Verachtung auf diese Geisteshaltung – das ist Weltflucht, man müsse sich doch engagieren, über den Tellerrand schauen, sich einsetzen für hehre Menschheitsziele, müsse kämpfen, müsse helfen, die großen Weltprobleme zu lösen.
Was aber, wenn all das aufgeregte, sich selbst so wichtig nehmende Engagement für die großen Ziele erst zu den großen Weltproblemen führt oder ihr Entstehen wenigstens doch begünstigt? Vor allem das des Verkennens der wichtigsten Tatsachen des Lebens: dass das Einfache, unaufgeregte Schlichte das Große ist.
Stifter lenkt unsere Wahrnehmung wieder auf das Einfache: Sieh her, das ist es, worum du dich zu kümmern hast. Schau nach den Deinen, besorge das Nächstliegende, widme dich dem Einfachen. All dies zusammengenommen gibt uns das Maß, nach dem wir leben können.
Foto: Lutz Meyer
Dieser Beitrag hat 0 Kommentare