Uralten indischen Traditionen folgend, lassen sich im Menschen unterschiedliche Chakren bzw. Energiezentren…
Licht ist wunderbar. In der Wohnung verströmt es Gemütlichkeit, am Haus leuchtet es den Weg und bietet einen gewissen Schutz vor Einbrechern. Doch wie es so ist mit guten Dingen – sie bleiben nur gut, wenn sie nicht im Übermaß daherkommen. Genau das passiert derzeit mit dem Licht. Nicht umsonst spricht man heutzutage von Lichtverschmutzung. In den Städten wird die Beleuchtung so üppig eingesetzt, dass man nachts am Himmel kaum noch Sterne sieht. Und selbst in Kleinstädten und dörflichen Regionen entdeckt man zwar Sterne, doch die Milchstraße sucht man vergeblich. Aufgefallen ist mir das, als ich meinem Sohn vergangenen Winter in der Kleinstadt meiner Kindheit die Milchstraße zeigen wollte. Ich weiß noch, wie mein Bruder und ich an der gleichen Stelle auf der Wiese gestanden und in den winterlichen Himmel geguckt hatten: Sternbilder, Sternschnuppen – alles funkelte für uns um die Wette. Mein Sohn und ich entdeckten Jahre später nur noch vereinzelte Sterne. Aber dafür einige Satelliten und mehrere Flugzeuge.
Vom Strahler ertappt
Ein ähnliches Erlebnis hatte ich letzte Woche. Die Luft war lau, die Dämmerung brach herein. Ich war durch den Wald gejoggt und hatte noch keine Lust, in die Wohnung zu gehen. Also beschloss ich, mich in den dunklen Garten meines Elternhauses zu setzen. Den Bewegungsmeldern am Haus entkam ich knapp. Doch beim Öffnen der Gartentür erwischte mich voll ein Scheinwerfer. Ich erinnerte mich dunkel, dass ich die neue Errungenschaft bereits vor einigen Wochen bei Sonnenschein bewundert hatte. Glücklicherweise ging der Strahler schnell wieder aus, als ich wie ein Einbrecher über den Rasen schlich. Falls es tatsächlich einer mal auf die Hortensien, Brombeeren oder den Rasensprenger abgesehen hat, vergehen ihm seine finsteren Pläne bestimmt ähnlich schnell wie mir die Freude auf auf ein paar ruhige Minuten in Dunkelheit. Denn am Gartenhaus wechselte eine Lampe die Farben in schwindelerregendem Tempo, vor dem Gewächshaus ragten drei Leuchten aus dem Boden und vor der Sitzecke funkelte eine Schnecke. Seitdem die Solarleuchten vergleichsweise günstig geworden sind, meinen es meine Eltern wirklich gut mit dem Licht ums Haus. Nach einigem Suchen fand ich wenigstens ein schummeriges Plätzchen dicht an Nachbars Zaun.
Morgen Abend habe ich einen Termin in der City. Auf meinem Heimweg werde ich wie immer am Friedhof vorbeiradeln. Gegenüber steht eine kleine Kirche. Neuerdings erstrahlt sie so hell wie der Kölner Dom. Jedes Mal, wenn ich vorbeikomme, frage ich mich, wie viel Strom die Erleuchtung im Jahr kostet – und für wen die einsame Kirche oben auf dem Hügel dermaßen herausgeputzt wird. Die Kaninchen im benachbarten Wäldchen werden sich eher gestört fühlen – und den Toten auf dem Friedhof wird es herzlich egal sein.
Foto: Nicole Hein