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Waldeidechse

Ein Ferienhaus in den westdänischen Dünen ist recht naturnah. Gleich am ersten Abend nervt uns ein Marder mit seinem Gepolter auf dem Dachboden. Mal die Bodenluke öffnen und das Tier höflich bitten, die Nachtruhe nicht länger zu stören? Lieber nicht. Marder können eine erstaunliche Aggressivität an den Tag legen. Der Marder seinerseits scheint unsere Nähe zum Glück auch nicht zu schätzen. Im Morgengrauen des nächsten Tages verschwindet der Poltergeist mit einem finalen Crescendo.

Kleine und große Tiere

Am nächsten Tag dann weitere tierische Begegnungen: Erdkröten, eine Waldeidechse, Starenschwärme, Ringelnattern. Eine der Erdkröten verirrt sich sogar ins Haus, lässt sich jedoch willig einfangen und wieder nach draußen befördern.

Auch kapitale Hirsche soll es hier geben, wie ein ortskundiger Däne verrät. Uns offenbaren sie sich nur durch Spuren im Sand. Am Strand dann weiteres tierisches Leben oder zumindest Spuren davon: Schneckengehäuse, Muscheln, Seeigelschalen, Sepiaschulp, Nixentäschchen, Strand- und Schwimmkrabben, ab und an auch eine Qualle und Überreste von Fischen. Erheiternd die über den Sand flitzenden Strandläufer. Im Hinterland imposante Seeadler.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die unscheinbarsten unter den am und im Ferienhaus anwesenden Tiere: Mücken, die sich mit Beginn der Dunkelheit in großer Anzahl einstellen. Wer die Fenster und Türen nicht rechtzeitig schließt, hat eine unruhige Nacht zu erwarten, denn ihr pausenloses Sirren ist ähnlich nervtötend wie das Poltern des Marders. Man mag zu diesen Spielarten tierischen Lebens stehen, wie man will – sie tragen alle zu diesem westjütländischen Lebensgefühl bei, dass man als Mensch nur Teil einer umfassenderen Natur ist.

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.