Dem Hahn wurden in alten Zeiten prophetische Kräfte zugeschrieben. Mit einem ironischen…
Neben wahren Schätzen des Meeres wie Bernstein, versteinerten Seeigeln, anmutigen Schneckenhäusern und Muschelschalen tragen uns die Wellen auch allerlei Unrat zu. Doch der hat ebenfalls eine Geschichte zu erzählen.
Müll, der Geschichten erzählt
Fragmente eines Netzes, Sonnenmilchflaschen, Konservendosen, Tauenden, Schuhe, Taschen, Koffer, zerfetzte Hemden, Badeanzüge, Sonnenbrillen, Spielzeug – im Unterschied zu Muscheln und Bernstein haben solche Fundstücke immer einen engen Bezug zum Leben eines Menschen: Ging neben dem Fischernetz auch der Fischer selbst bei einem Sturm über Bord? Musste eine Schönheit nach dem Verlust ihres Badeanzugs in der rabiaten Strömung den Fluten nackt entsteigen? Welches Kind betrauerte den Raub seines Plastikautos durch eine Welle nach einem ansonsten schönen Strandtag? Wurde dieser Blechkanister ins Meer geworfen, nachdem sich sein Inhalt als verdorben erwiesen hatte? Was war da überhaupt mal drin – die Schriftzeichen sagen uns nichts. Insofern ist es nur recht und billig, wenn Strandgänger aus solchen Fundstücken einen kleinen Baum der Erinnerung errichten wie diesen hier am Strand von Römö.
Seeglas
Manche Fundstücke, die auf menschliches Handeln verweisen, gehören zugleich dem Reich der bezaubernden Funde aus der Schatzkammer des Meeres an. Ich rede vom Seeglas – Bruchstücken von Glasflaschen, denen das Hin und Her in Wasser und Sand in Jahrzehnten ein milchig-trübes Aussehen und eine fast schon samtige Oberfläche gegeben haben. Wir sammeln sie immer ein, sodass wir mittlerweile einige Hundert dieser weißen, grünen oder aquamarinfarbenen Scherben besitzen (braunes Seeglas verschmähen wir).
Allerdings sind solche Funde inzwischen rar geworden. Das mag zum einen daran liegen, dass immer mehr Menschen sich nach Seeglas bücken, um daraus etwa in Kombination mit ausgewaschenem Treibholzstückchen kleine Kunstwerke zu fertigen. Zum anderen aber werden vermutlich immer weniger Glasfalschen weggeworfen, weil der Werkstoff Glas oft durch Blech oder Plastik ersetzt wird.
Foto: Lutz Meyer
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