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Der Fisch stinkt vom Kopf her

Der Fisch stinkt vom Kopf her – das sagt man so, weil die Kiemen eines toten Fisches schneller von Bakterien erreicht und zersetzt werden als der Rest und folglich auch eher zu stinken beginnen. Tatsächlich gemeint ist damit jedoch eine unfähige, Schaden anrichtende Staats- oder Unternehmensführung. In Deutschland stinkt es von Tag zu Tag immer mehr. Deutschland ist ein toter Fisch.

Der Fisch an Land

Dass Deutschland heute ein toter Fisch ist, liegt ohne Zweifel daran, dass dieses Land sich nicht mehr frei in seinem ursprünglichen Element bewegen kann. Das lebensermöglichende Element für Deutschland war über Jahrhunderte der Geist – der Geist der Dichter und Denker, aber auch der Geist der Naturwissenschaftler und genialen Techniker. Heute regieren Funktionäre das Land, meist ohne sonderliche Sachkenntnis, dafür aber mit umso mehr Drang zur Machtausübung. Diesen Funktionären zutiefst verhasst ist der freie, unabhängige Geist – wo immer sie ihn wittern, versuchen sie ihn zum Schweigen zu bringen.

Der Deutsche und der Fisch

Symptomatisch für die geistige Situation Deutschlands ist der Räucherlachs – er gilt als Delikatesse und kann auch eine sein, sofern er frisch aus Wildfang und nach allen Regeln der Kunst geräuchert auf den Tisch kommt. Aber seit er millionenfach aus ungesunder Massentierhaltung in die Supermärkte und Discounter gelangt, ist er ungenießbar geworden. Dessen ungeachtet türmt er sich an jedem kalten Buffet zu wahren Gebirgen auf. Der Geruch, der diesen Kadaverhalden entströmt, ist trotz der den Verwesungsgestank übertünchen wollenden Raucharomen mehr als nur grenzwertig. Dennoch schaufeln sich die meisten Buffetgäste Unmengen davon in den Schlund. Offenbar assoziiert man Lachs immer noch mit Delikatesse und wähnt sich damit zumindest kulinarisch an der Seite der Reichen und Schönen. Damit zurück zum Fisch, der vom Kopf her stinkt.

Der Fisch stinkt zuerst vom Kopf her – was tun?

Der Fisch ist tot, also schnell weg damit. Doch lässt sich auch ein ganzes Land entsorgen? Hier wäre wohl eher nach Art der Walretter vorzugehen: Man versucht, den gestrandeten Riesen wieder in sein Element zurückzubugsieren: Den Wal ins Wasser, das Land in sein geistiges Element. Mit etwas Glück gelingt es.

Foto: Arne Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.