Skip to content
Pisspottpiraten

Was zum Teufel sind Pisspottpiraten? Seit Monaten höre ich im örtlichen Supermarkt eine Durchsage vom Band, die sich – sauber gegendert – an Unternehmerinnen und Unternehmer richtet, die zufälligerweise gerade dort einkaufen. Das Angebot: Man kann sich in einem im Eingangsbereich künftig anzubringenden Display einen von zwei heiß begehrten Plätzen sichern für die eigene Unternehmenspräsentation.

Sinn und Unsinn der Werbung

Oft sann ich, während ich in der Warteschlange stand und immer wieder mal der Durchsage lauschte, über die Zweckmäßigkeit einer Unternehmenspräsentation im Eingangsbereich eines Supermarktes nach.

Die meisten Menschen haben es eilig, man sucht den Supermarkt nicht zum Vergnügen auf, sondern um Einkäufe zu erledigen. Hat man da überhaupt Zeit, sich die Unternehmenspräsentation eines örtlichen Steuerberaters, Friseurs oder Klempners, Grafikers oder Texters anzuschauen?

Und wenn ja: Mag man sich das öfter anschauen? Mehrmals die Woche? Über Monate hinweg? Kein Wunder, dass auch nach Monaten der Durchsage im Eingangsbereich des Supermarktes keine Unternehmenspräsentationen zu sehen waren. Noch nicht einmal einen Bildschirm scheint es zu geben.

Ein dubioser Absender

Vielleicht lag es aber auch nicht am Angebot selbst, sondern an der zweifelhaft klingenden Kontaktadresse, bei der man sich nähere Informationen einholen konnte. Obwohl ich, weil die Kontaktadresse so merkwürdig klang, mehrfach sehr genau hinzuhören versuchte, vernahm ich immer nur: „Wenden Sie sich an service@pisspottpiraten.“

Blöder Name, dachte ich immer wieder. Wer soll Piraten geschäftlich vertrauen – und gar Pisspottpiraten? Das klingt so richtig nach Piraten im Versagermodus – sind nicht wie anständige Seeräuber auf den Weltmeeren unterwegs, sondern nur im Pisspott. Auch sonst klingt der Name ein wenig anrüchig. Kann man so unglaublich naiv sein als Anbieter? Gelegentlich witzelte ich auch mit anderen Kunden in der Warteschlange über die Pisspottpiraten. Auch die hörten nichts anderes als ich, hatten aber noch nie darüber nachgedacht. Da war ich als altgedienter Marketingmann natürlich klar im Vorteil.

Heute gelang mir nach erneutem scharfem Überlegen und Googeln des Rätsels Lösung: Die „Pisspottpiraten“ sind tatsächlich wohl „Die Spotpiraten“. Aufgrund der schlechten Lautsprecher im Supermarkt oder auch wegen der schludrigen Aussprache des Namens kommt das aber nicht wirklich gut rüber. Nun höre ich, ob ich will, oder nicht: „Die Spottpiraten“.

 

Foto: Lutz Meyer

Lutz Meyer ist Texter und Autor. Schwerpunktthemen sind Gesundheit, Bauen und Philosophie.