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Pilz hinter der Garage

Hinter der Garage, zwischen Brennholzstapel und Zaun zu den Nachbarn, schlängelt sich ein kurzer Pfad. Normalerweise geht dort nie jemand lang. Bis auf ein paar Igel, die im Holzstapel wohnen. Ungestört und ungesehen haben sich dort zwei Pilze angesiedelt. Zuerst hielt ich sie für Champions oder Knollenblätterpilze – und vergaß sie sofort wieder. Doch dann wuchsen und wuchsen sie. Mittlerweile haben sie die Ausmaße kleiner Bälle angenommen. Und ein Ende ist nicht in Sicht, denn die Pilze wachsen weiter. Spätestens jetzt ist klar, dass auf unserem Grundstück kulinarische Raritäten stehen: Riesenboviste.

So groß wie ein Medizinball

Bleiben die Pilze aus der Familie der Champions ungestört, erreichen sie die stolze Größe eines Medizinballs. Sie besitzen keinen Stiel, aber dafür eine zwei bis drei Millimeter dicke, ledrige Haut. Anzutreffen sind die Riesenboviste von Juni bis Oktober auf stickstoffreichen, ungespritzten Wiesen, Weiden, selten auch in Parks oder zwischen Laubbäumen – oder wie bei uns in einer verlassenen Ecke an der Grundstückgrenze.

Ein Riesenbovist ist einzigartig

Natürlich habe ich ab einer gewissen Größe des Pilzes recherchiert, ob es wirklich ein Riesenbovist ist. Dass es sich um keinen Stein handelte, war sofort klar. Aber vielleicht ein giftiger Pilz-Verwandter? Dass ließ sich schnell ausschließen, da ein Riesenbovist in Ballgröße hierzulande keine Doppelgänger hat. Außerdem habe ich gelesen, dass der Fund eines Riesenbovists ein Glücksfall ist: für die Pfanne. In Eigelb gewendet und mit einem Gemisch aus Semmelbrösel und Mehl paniert, soll der Pilz fast wie Schnitzel oder Chicken Nuggets schmecken. Geraten wird allerdings, die Haut abzuziehen und nur junge Riesenboviste zu ernten. Denn sobald sich der Pilz gelb-bräunlich verfärbt und sein Geruch muffig wird, hat er die beste Zeit hinter sich. Zwar wird er nicht giftig, aber ungenießbar.

Wie aus einer anderen Welt

Nun, ich bin skeptisch. Eine Pilzpfanne aus selbstgepflückten Maronen kommt bei mir im Herbst regelmäßig auf den Tisch. Aber diese weißen Riesendinger möchte ich nicht ernten. Sie zu essen finde ich unheimlich und was noch schwerer wiegt: Riesenboviste haben etwas majestätisches. Sie wirken nicht wie von dieser Welt, sondern wie aus einer anderen. Die Exemplare hinter der Garage dürfen also stehen bleiben. Und wer weiß? Mit etwas Glück kommen sie nächstes Jahr wieder und wachsen so zahlreich in einem Hexenring, dass ich mich vielleicht doch entscheiden kann, einen abzuschneiden.

 

Foto: Nicole Hein

 

Nicole Hein ist freie Journalistin und Autorin mit den Schwerpunkten Gesundheit, Steuern, Lebensart & Wohnen.

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